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Der Hass auf Präsident George W. Bush in den USA ist enorm. Bücher der schärfsten Kritiker wie Noam Chomsky oder Michael Moore sind Bestseller. Der Favorit für die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten, Howard Dean, reißt seine Anhänger vor allem mit heftigen Ausfällen gegen den "unfähigen, arroganten" Bush und seiner "Politik für die Millionäre" mit. Dennoch fürchten selbst Demokraten gut elf Monate vor der Wahl nicht nur wegen der Gefangennahme des irakischen Erzfeindes Saddam Hussein einen deutlichen Sieg des umstrittenen Republikaners.
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Denn Bush symbolisiert für viele Amerikaner auch ein starkes Amerika mit einer vielleicht schlichten, aber doch klaren Vision von Freiheit und Gerechtigkeit. Er gilt vielen als "ehrliche Haut" und "knallharter Kerl", der den Diktatoren und Terroristen dieser Welt die Stirn bietet.
Bush polarisiert zwar die 285 Millionen US-Bürger wie kein zweiter. Seit Jahrzehnten habe kein Präsident in den USA so viele Hassgefühle provoziert wie Bush, schrieb der angesehene Publizist Robert Novak. Aber gerade das spreche für die Chancen von Bush, meinen Politologen. Präsidenten, die wie Richard Nixon oder Bill Clinton das Land emotional gespalten hätten, seien stets wiedergewählt worden. Präsidenten dagegen, die eher bemitleidet worden sind, wie Gerald Ford, Jimmy Carter und der Vater des amtierenden Präsidenten, wären nach einer Amtszeit gescheitert. "Bush und Ford hatten keine Feinde, sie verloren auch deshalb", analysierte die "New York
Times". Die Republikaner sind überzeugt, dass George W. Bush nicht wie sein Vater 1992 verlieren wird. Der hatte trotz eines erfolgreichen Irak-Kriegs vor allem wegen wirtschaftlicher Probleme gegen seinen charismatischen Herausforderer Clinton verloren.
Für die Wahl am 2. November 2004 fühlt sich Bush bestens gewappnet. Bei Meinungsumfragen liegt er gegenüber jedem derzeit möglichen Gegenkandidaten deutlich vorne. Beide politischen Lager wissen, dass zwei Themen die Wahl entscheiden werden: die Lage im Nachkriegs-Irak und die wirtschaftliche Entwicklung in den USA. Beim Thema Irak wäre für Bush nur eine dramatische Fehlentwicklung bedrohlich - wie spektakuläre Anschläge oder wirkliche Aufstände der Bevölkerung. Ansonsten hat Bush die US-Bürger erfolgreich auf einen langen, mühsamen Krieg gegen den weltweiten Terrorismus eingestimmt. Schließlich bieten die demokratischen Konkurrenten von Bush bisher kaum schlüssige Alternativen. Selbst Dean fordert nicht - wie die Opposition zu Zeiten des Vietnamkriegs - den sofortigen Rückzug.
Innenpolitisch scheint für Bush derzeit ohnehin die Sonne. Die Wirtschaft boomt wieder. Bush reklamiert dies als Ergebnis seiner radikalen Steuererleichterungen, die vor allem den Reichen zugute kam. Noch scheinen ihm die Amerikaner weder das enorme Haushaltsdefizit zu verübeln noch die relativ hohe Arbeitslosigkeit von sechs Prozent.
Obwohl Bush ganz zufrieden in die Weihnachtsferien gehen wird, ist sein Wahlsieg so sicher auch wieder nicht. Politologen analysieren seit Jahren eine wachsende Labilität der Wähler. Wahlen werden zunehmend erst in den letzten Wochen wirklich entschieden - und noch weiß in den USA niemand, ob nicht vielleicht doch noch Hillary Clinton, die demokratische Senatorin von New York und Ehefrau des Ex- Präsidenten Clinton, als demokratische Präsidentschaftsbewerberin antritt - dann nämlich, so die Umfragen, könnte sich Bush seines Sieges keineswegs mehr sicher sein.