Treffen mit Asiens und Europas Spitzen der Politik. | Starkes Signal der Amerika-Politik von Bush erwartet. | Washington. (dpa) Eigentlich müsste sich US-Präsident George W. Bush auf die bisher reiseintensivsten Wochen seiner Amtszeit freuen. Nach der Wahlpleite der Republikaner könnten glanzvolle Gipfeltreffen in Asien und Europa Balsam für den innenpolitisch angeschlagenen Präsidenten sein. In den kommenden 16 Tagen trifft er die wichtigsten Führer in der Welt: darunter die Präsidenten Russlands und Chinas, Wladimir Putin und Hu Jintao, sowie (beim NATO-Gipfel in Riga) Europas Spitzen wie Frankreichs Präsident Jaques Chirac oder die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel.
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Aber Bush erwarten auf internationaler Bühne schwierige Auftritte: Fast alle brisanten Themen stehen bevor, die Atompläne des Iran und Nordkoreas, die Lage in Afghanistan und im Irak, der Welthandel und der Terrorismus. Zudem muss er alles tun, um angesichts der demokratischen Mehrheiten im Kongress nicht schon im vorletzten Jahr seiner Präsidentschaft den Eindruck einer "lahmen Ente" zu erwecken. Bereits auf der Asien-Reise steht Bush auf dem Prüfstand.
Schutzmachtrolle der USA sichern
"Die Führer Asiens wollen sehen, wie er den Rückschlag (bei den Wahlen) wegsteckt", meinte der frühere Asien-Direktor des Nationalen Sicherheitsrats, Michael Green. Auf dem Gipfeltreffen der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftskooperation (APEC) am Wochenende in Hanoi hofften die Asiaten nicht nur auf "eine Vision Bushs für die transpazifische Handelsliberalisierung". Staaten wie Singapur, Vietnam, Japan oder Indonesien seien "zunehmend nervös" über Chinas rasanten Aufstieg und Nordkoreas Atomanstrengungen, sie wollten sehen, "ob die USA eine starke, strategische Partnerschaft" garantieren könnten, so der Ex-Bush-Berater.
Auch der Vizepräsident des Politik-Instituts CSIS (Washington) und Ex-Pentagon-Spitzenbeamte Kurt Campbell betont die psychologischen Aspekte des Reise. "Unsere asiatischen Freunde werden erst einmal auf die Körpersprache und dann auf die Reden von Bush achten, um zu sehen, ob er nun geschwächt ist." Positiv für ihn sei, dass es in Südostasien ein viel positiveres Bild von Bush gebe als in Europa.
Bevor er in Singapur seinen Asien-Trip beginnt, wird Bush morgen, Mittwoch, zunächst Putin in Moskau treffen. Die russische Hauptstadt sei der ideale Auftank-Stopp der "Air Force One", behauptete US-Sicherheitsberater Steven Hadley. Vermutlich aber gibt es großen Gesprächsbedarf, denn Bush und Putin sehen einander auch in Hanoi und dann Ende November erneut in Moskau unter vier Augen. Hadley nannte den Iran als wichtigstes bilaterales Thema. Auch Washington ist wenig optimistisch, dass es Bush gelingen könnte, Putin oder Hu Jintao zu einer härteren Haltung gegenüber Teheran bewegen zu können.
Nordkorea gilt als ein weiteres zentrales Thema der Asien-Reise. In Hanoi wird am Rande des Gipfels ein "Fünfer-Treffen" erwartet - ein Gespräch auf Außenministerebene der USA, Chinas, Japans, Südkoreas und Russlands, um über das weitere Vorgehen gegenüber Nordkorea zu beraten. Als besonders heikel gilt aus US-Sicht das Treffen von Bush mit Südkoreas Präsidenten Roh Moo Hyun. Denn die Spannungen zwischen Washington und Seoul sind nach dem Atomtest Nordkoreas und den UNO-Beschlüssen eher größer geworden. Aber auch Japans neuer Premier Shinzo Abe wird von Bush eine überzeugende amerikanische Antwort auf die wachsenden Sorgen Tokios wegen des Auftrumpfens Chinas und einer Atommacht Nordkorea haben wollen.
Bush will moderate Kräfte des Islam stärken
In Indonesien, der letzten Asien-Etappe des US-Präsidenten, scheinen derzeit anti-amerikanische Proteste und Bombenanschläge die schlimmsten Befürchtungen der US-Geheimdienste zu bestätigen. Deshalb wird Bush nur rund acht Stunden in Jakarta bleiben. Er möchte mit dem Besuch des bevölkerungsreichsten islamischen Staates und der ersten Begegnung mit dem indonesischen Präsidenten Susilo Bambang Yudhoyono die moderaten Kräfte in der islamischen Welt stärken. In Washington ist aber die Sorge groß, dass Bilder gewaltsamer Massenproteste gegen Amerika die Stippvisite Bushs überschatten könnten. Reisemuffel Bush wird sicher froh sein, am 22. November wieder im Weißen Haus nächtigen zu können - allerdings geht es schon vier Tage später nach Estland und Lettland, wo beim NATO-Gipfel die Verbündeten Fragen zum unsicher gewordenen Kurs Amerikas haben werden.