Der slowakische Ministerpräsident Mikulás Dzurinda bemüht sich vor dem Auftritt von US-Präsident George W. Bush redlich um eine gelöste Stimmung. Eigentlich hat er auch allen Grund dazu. Endlich hat Bush den Weg in die Slowakei gefunden, außerdem schickt sich Bratislava mit der Ausrichtung des Gipfeltreffens zwischen dem US-Präsidenten und seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin an, zu einer Top-Adresse für hochrangige politische Treffen zu werden.
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Doch das Volk ist missgelaunt. Erstens ist es auf dem Hviezdoslavovo-Námestie, der Hauptflaniermeile von Bratislava, bitterkalt, und zweitens ist Bush etwa eine Stunde später als angekündigt gekommen, um sein Grußwort an die Slowaken zu sprechen. Diese Nachlässigkeit rächt sich: Schon nach Bushs ersten Worten ist etwa zehn Meter vor seinem Rednerpult fast nichts mehr zu verstehen, so laut ertönen die Pfiffe und Buhrufe.
Bush hat wenig zu sagen
Bush hat den Slowaken allerdings auch nicht viel mitzuteilen. Er erinnert an den "Kerzenmarsch" auf dem Hviezdoslavovo Námestie vor 17 Jahren, der heute als erster zarter Beginn der Samtenen Revolution von 1989 gesehen wird, er dankt den Slowaken kurz für ihr militärisches Engagement im Irak. Und er gibt sich zuversichtlich, dass die Impulse von vor 17 Jahren demnächst auch Früchte in der Ukraine und Georgien tragen werden. Im übrigen ergänzt der Dolmetscher jeden Redeabschnitt.
Bush ist sichtlich froh in einem Land zu sprechen, auf das er als treuen Verbündeten rechnen kann, und bemüht sich um herzliche Ausstrahlung. Doch begeistern kann er sein Publikum mit diesem Auftritt nicht wirklich, selbst wenn die Menschen auf der Besuchertribüne hinter ihm und in den ersten Publikumsreihen einigermaßen enthusiastisch amerikanische Fähnchen schwenken. Der Hviezdozlavovo Námestie, auf dem es beispielsweise während der Feiern zum EU-Beitritt vor Menschen nur so wimmelte, ist schon zu Beginn seiner Ansprache nur etwas mehr als zur Hälfte gefüllt, und er leert sich bereits während der Bush-Rede relativ zügig.
Innenpolitischer Riss
Es ist jedoch nicht allein Bush anzulasten, dass sich die Slowaken an diesem nasskalten Wintertag nicht von ihrer freundlichsten Seite zeigen. Ihre Politiker sind sich nämlich alles andere als einig in der Behandlung des hohen Besuchs. Premier Dzurinda hatte in den vergangenen Tagen immer wieder eindeutig positive Statements zum slowakisch-amerikanischen Verhältnis abgegeben, Wladimir Putin scheint er aber als lästigen Pflichtgast zu betrachten. Staatspräsident Ivan Gasparovic wiederum hat sich am Vorabend gerade einmal 25 Minuten Zeit für ein Gespräch mit Bush genommen und blieb damit einigermaßen deutlich unter dem diplomatisch noch als höflich einzustufenden Zeitlimit von einer halben Stunde. Für die Putins hingegen hat Gasparovic ein Abend füllendes Programm vorbereitet.
Lästige Beeinträchtigungen
Nicht zuletzt gehen vielen in Bratislava die Begleitumstände des Gipfels schlichtweg auf die Nerven, die Organisation könnte deutlich professioneller sein. Zu lange sind die Bürger einfach im ungewissen darüber gelassen worden, auf was sie sich einzustellen haben. Bei manchen Geschäftsleuten hatte sich beispielsweise am Mittwoch noch die Polizei eingefunden, um ihnen die Öffnung ihres Betriebes während des Spitzentreffens zu untersagen.