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Vorbei die Zeiten, als man unter "Schlepper" noch vorrangig einen komfortarmen Skilift und sonst eben eine Zugmaschine zu Lande oder Wasser verstanden hat. Heute geht es um eine lukrative Form modernen Menschenhandels, wenn von Schleppern die Rede ist. (Eine ähnlich traurige Entwicklung widerfuhr dem Wort Schübling: in Westösterreich die Bezeichnung für eine Knackwurst, im unsäglichen Beamtendeutsch ein abzuschiebender Asylwerber.)
Die Schlepperei ist längst ein einträgliches Geschäft, wohl sogar an der Grenze zum Big Business. Not, Elend und Verfolgung in weiten Teilen der Welt sorgen dafür, dass der Strom an Flüchtlingen nicht abreißt. Professionell organisierte Schleppernetzwerke schleusen diese gegen teures Geld und selbstverständlich unter Umgehung der gesetzlichen Einwanderungsbestimmungen in die reichen Länder des Nordens, sei es Europa, sei es Nordamerika.
Die moralische Verurteilung des Schlepperunwesens, dessen Geschäftsmodell auf der Ausbeutung der Verzweifelten beruht, ist zweifellos wohlfeil, in der Sache kommt man damit jedoch nicht wirklich weiter. Not, Elend und Verfolgung sorgen für konstante Nachfrage. Die immer restriktiver geknüpften Einwanderungsgesetze des wohlhabenden Nordens treiben den Preis hoch.
Schengen wird so zur einträglichen Geschäftsgrundlage von Kriminellen. Und die Flüchtlinge laufen Gefahr, nach teuer bezahlter illegaler Einreise von den Behörden aufgespürt und wieder abgeschoben zu werden.
Bedauerlich, aber unvermeidlich, schließlich würde die Nachricht, dass illegal geschleppte Flüchtlinge pardoniert und aufgenommen werden, lediglich zum unfreiwilligen Konjunkturprogramm für die kriminellen Schleppernetzwerke werden. Also wird fieberhaft am weiteren Ausbau der Festung Europa gearbeitet, um die Erfolgschancen für die Menschenhändler möglichst gering zu halten. Nur ist der Mensch aus einem solchen Holz geschnitzt, dass dies wieder dazu führt, dass der Preis für eine Schleppung steigt.
Ein Teufelskreis für alle - mit Ausnahme der Kriminellen. Die profitieren nämlich so oder so. Was steigt, ist lediglich das Risiko, auf frischer Tat erwischt zu werden. Aber auch hier trifft es in aller Regel nur die kleinen Fische und Mittelsmänner. Die Bosse kommen, wie fast überall, meist ungestraft davon.
Um überhaupt moralisch argumentieren zu können, müsste der reiche Norden deutlich mehr Engagement als bisher zeigen, Not und Elend vor Ort zu bekämpfen. Nur geschieht, wie die jüngste Kritik an Österreich bezüglich der beschämend niedrigen Entwicklungshilfe zeigt, dies nicht.
Deshalb werden auch künftig der Norden seine Festung sowie die Schlepper ihre Preise erhöhen. Und der Stehsatz wird lauten: Gesetze sind zum Einhalten da. Eh.