Zum Hauptinhalt springen

Cameron bestreitet Murdoch-Deal

Von WZ-Korrespondent Peter Nonnenmacher

Europaarchiv

Britischer Premier musste sich vor einem Tribunal für zu viel Nähe rechtfertigen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

London. Das hatte David Cameron sich im vorigen Sommer nicht träumen lassen: dass er einmal, unter einem Wust von Beschuldigungen, vor einem Tribunal landen sollte, das er persönlich eingesetzt hatte. Gestern, im Zimmer 73 der Royal Courts of London, nahm sich der britische Premierminister wie der Hauptangeklagte bei einem Prozess um politische Kompetenz und persönliche Glaubwürdigkeit aus.

Cameron hatte Lord Leveson, einen der höchsten Richter des Landes, im letzten Juli beauftragt, ihm eine Kritik unmoralischer Pressepraktiken und Vorschläge zur Verbesserung der (Selbst)-Kontrolle der britischen Medien zu erarbeiten. Die Untersuchungen, die mit Fragen zu illegalen Aktionen der Murdoch-Presse begannen, nahmen freilich im Laufe der letzten Monate eine ungeahnte Richtung. Sie konzentrierten sich mehr und mehr auf die Grauzone von Medienmacht und politischem Einfluss. Und die Fährte durch diese Grauzone führte - direkt nach Downing Street.

Wie sich, zum Unwillen der Regierung, nach und nach enthüllte, war Cameron selbst dem Murdoch-Konzern und einigen seiner Repräsentanten äußert eng, geradezu herzlich verbunden. Den Ex-Chefredakteur des Murdoch-Skandalblattes "News of the World", Andy Coulson, hatte er zum Pressechef seiner Regierung gemacht - obwohl Coulson bereits wegen der Abhöraktionen der Zeitung hatte zurücktreten müssen.

Mittlerweile bedauert auch Cameron die damalige "umstrittene" Entscheidung für Coulson. Dass er die Risiken ignoriert hätte, weil er unbedingt einen "Murdoch-Mann" im Team haben und so die Murdochs freundlich stimmen wollte, bestritt er gestern freilich. Etwas betreten saß er allerdings im Zeugenstuhl, als ausposaunt wurde, dass er die Ernennung Coulsons mit Rebekah Brooks abgesprochen hatte. Brooks, früher selbst einmal Chefin der "News of the World", war zu diesem Zeitpunkt bereits die rechte Hand Murdochs in London. Sie ist mittlerweile, genau wie Coulson, der Irreführung der Behörden angeklagt und muss bei einer Verurteilung mit einer langjährigen Freiheitsstrafe rechnen.

Mit Brooks verband Cameron eine besonders innige Freundschaft. Schon zu Oppositionszeiten rief er sie mindestens einmal jede Woche an. Als sie Camerons alten Eton-Freund Charlie heiratete, begann er oft Wochenenden mit dem Paar zu verbringen.

Gestern, im Scheinwerferlicht der Live-Übertragung, musste er sich aber noch Verfänglicheres anhören. Im Herbst 2009, als Murdoch beschloss, mit seinen Zeitungen Camerons Konservative zu unterstützen, schickte ihm Brooks nämlich eine Textnachricht, in der es hieß, sie freue sich so für ihn: "Nicht nur als Ihre stolze Freundin. Sondern weil wir auch professionell jetzt mit Sicherheit gemeinsame Sache machen." Trotz Brooks und Coulson, beharrte Cameron, habe es aber nie einen "Deal" mit Murdoch gegeben - "weder eine offene noch eine verdeckte Absprache".