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Cameron gegen die Tory-Hardliner

Von WZ-Korrespondent Peter Nonnenmacher

Politik

Als möglicher Termin für Referendum ist Mai 2017 anvisiert.


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London. Mit einer Gesetzesvorlage, die für ein britisches EU-Referendum im Jahr 2017 die Weichen stellen soll, hat Premierminister David Cameron am Dienstag den EU-Gegnern in seiner Partei ein neues Zugeständnis gemacht. Die Hardline-"Euroskeptiker" im Tory-Lager wollen aber nicht länger bis zum Jahr 2017 warten. Sie verlangen, dass Cameron seine liberaldemokratischen Koalitionspartner unmittelbar unter Druck setzt - und es zu einer Volksabstimmung über einen britischen EU-Austritt schon im nächsten oder übernächsten Jahr kommt.

Zu diesem Zweck, um den Druck auf die gesamte Regierung zu erhöhen, wollen die "Euroskeptiker" bei einer für heute, Mittwoch, angesetzten Sonderdebatte im Unterhaus Cameron eine parlamentarische Rüge verpassen. Der Antrag tadelt das Kabinett dafür, bei der jüngsten Regierungserklärung Pläne für ein Referendum nicht einmal erwähnt zu haben. Bis zu hundert Abgeordnete, die meisten Konservative, wollen den Antrag unterstützen.

Auch Minister für Austritt

Der Antrag hat zwar keine Chance, eine Mehrheit zu finden. Labour, die Liberaldemokraten und auch viele Tories werden gegen ihn stimmen. Er gibt den EU-Gegnern aber Gelegenheit, ihr Anliegen in aller Breite zu präsentieren und den Partei- und Regierungschef weiter in die Defensive zu drängen. Cameron hat bereits einwilligen müssen, dass es bei der heutigen Abstimmung keinen Fraktionszwang gibt und dass unzufriedene Minister sich der Stimme enthalten dürfen - und das bei einer faktischen Verurteilung der Regierungspolitik.

Zwei Tory-Kabinettsmitglieder, Bildungsminister Michael Gove und Verteidigungsminister Philip Hammond, hatten am Wochenende sogar schon freimütig erklärt, sie würden unter den jetzigen Umständen für einen EU-Austritt votieren. Mit seiner gestrigen Gesetzesvorlage suchte Cameron sie und die Rebellen in der eigenen Fraktion erneut zu besänftigen. Die Vorlage soll sicherstellen, dass es nach den nächsten Wahlen tatsächlich zu einem Referendum kommt. Sie werde dem Parlament "einen klaren Weg weisen" zu der von ihm geplanten Volksabstimmung, bekräftigte Cameron in Washington, wo er sich zu einem mehrtägigen Besuch aufhält.

Druck auch auf Labour

Etliche der Rebellen halten die angebotene Form des Versprechens aber immer noch nicht für genug. Sie wollen die sofortige Verabschiedung eines solchen "Referendums-Gesetzes" sehen - was nur möglich wäre, wenn die Liberaldemokraten ihm zustimmten. Einige EU-Gegner dringen inzwischen auch darauf, dass Cameron das Referendum selbst schon vor den für Mai 2015 geplanten Unterhauswahlen abhalten solle. Damit ziehen sie die Schraube noch ein Stückchen weiter an.

Die Befürworter eines EU-Austritts in Westminister wissen natürlich, dass sie unter normalen Umständen kein Vorbereitungsgesetz für ein Referendum und im Falle einer Wahlniederlage 2015 auch gar kein Referendum erzwingen können. Sie hoffen aber, David Cameron, der sein Land vorzugsweise in der EU halten möchte, weiter ins Wanken zu bringen.

Der Premier hat den Rebellen inzwischen schon mehrfach nachgegeben. Erst hat er, gegen seine ursprüngliche Absicht, ein Datum für ein In-or-out-Referendum angesetzt. Dann hat er sich damit einverstanden erklärt, ein Gesetz zur Durchführung dieses Referendums vorzulegen.

An einer zweiten Front suchen die "Euroskeptiker" den Druck auf die anderen Parteien zu verstärken. Die pro-europäischen Liberaldemokraten sind bisher strikt gegen ein EU-Referendum, und die Labour Party sieht einstweilen "keine Notwendigkeit" dafür. Die Tory-Rechte wirft beiden Parteien darum vor, der britischen Bevölkerung eine demokratische Entscheidung in dieser "Schicksalsfrage" zu verwehren. Derzeitigen Umfragen zufolge würden 46 Prozent der Briten für einen Austritt aus der EU und nur 35 Prozent für den Verbleib stimmen.

Immer mehr konservative Politiker beängstigt derweil auch die wachsende Popularität der kleinen Unabhängigkeitspartei Ukip, die als einzige Partei ohne Umschweife den Ausstieg aus der EU verlangt. Laut einer gestern veröffentlichten Meinungsumfrage fühlen sich bereits 18 Prozent aller Wähler zu Ukip hingezogen. Alle anderen Parteien haben an Wählergunst eingebüßt. Labour liegt noch bei 34 Prozent, die Konservative Partei bei 28 Prozent und die Partei der Liberaldemokraten bei 11 Prozent.