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Cameron verspricht Briten Abstimmung über EU-Vertrag

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Präsident Klaus verweigert weiterhin Unterschrift. | Van der Bellen verlangt Sanktionen gegen Tschechien. | Brüssel. Nach der Zustimmung der Iren zum EU-Vertrag fehlen noch zwei Unterschriften, damit dieser auch in Kraft treten kann. Jene des polnischen Präsidenten Lech Kaczynski und die seines tschechischen Amtskollegen Vaclav Klaus. Rückgängig machen will der Chef der britischen Konservativen, David Cameron, die bereits erfolgte Ratifizierung des Vertrags durch das Parlament in London.


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Beim De-facto-Wahlkampfauftakt am Parteitag der Tories kritisierte er, dass die Iren zweimal abstimmen hätten dürfen, die Briten dagegen gar nicht. Cameron versprach den Briten eine Volksabstimmung für den Fall, dass der Lissabonner Vertrag bei seiner Machtübernahme noch nicht in Kraft getreten wäre. Für die Wahlen in Großbritannien, die spätestens im Juni 2010 stattfinden müssen, sagen Umfragen Cameron derzeit einen Erfolg voraus. Noch weiter geht der EU-kritische Flügel der Tories, der in jedem Fall eine Volksabstimmung verlangt. Eine Rücknahme der Ratifizierung wäre schon jetzt höchst ungewöhnlich, ein derartiger Schritt nach Inkrafttreten des Vertrags sei schlicht völkerrechtswidrig, hieß es in Diplomatenkreisen.

"Tacheles reden"

Dass Vaclav Klaus den EU-Vertrag tatsächlich bis nächsten Sommer aufhalten wird, gilt als unrealistisch. Vorläufig kann er sich noch auf das tschechische Verfassungsgericht berufen, das eine Klage gegen den Lissabonner Vertrag prüft. Ein Urteil wird jedoch bis Ende Oktober oder spätestens Ende des Jahres erwartet. Gibt das Gericht grünes Licht, muss Klaus laut tschechischer Verfassung unterzeichnen. Diese setzt ihm dafür allerdings keine Frist.

Wenig Verständnis für den Standpunkt von Klaus hat Alexander van der Bellen. Der außenpolitische Sprecher der Grünen verlangt, die EU-Mitgliedschaft Tschechiens zu einer "privilegierten Partnerschaft" herunterzustufen, falls die Unterschrift zu lange hinausgezögert würde. Es sei hoch an der Zeit, "dass jemand beginnt, mit dem notorischen EU-Skeptiker (...) Tacheles zu reden", so van der Bellen. Eine "privilegierte Partnerschaft" ist für Ankara vorgesehen, sollten sich die Gegner eines türkischen EU-Beitritts durchsetzen.

Überraschend lässt jetzt auch Lech Kaczynski ausrichten, er werde sich mit seiner Unterschrift Zeit lassen. Vor dem irischen Referendum hatte er erklärt, bei einem Ja schnell unterschreiben zu wollen.

Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso und der gegenwärtige EU-Vorsitzende Fredrik Reinfeld wollen am Mittwoch mit dem tschechischen Premier Jan Fischer zusammentreffen, um in diesem Fall Klarheit über die Lage zu erlangen. Nach jüngsten Umfragen wären immerhin 53 Prozent der Tschechen für den Lissabonner Vertrag.