Einsatz bei MS, Krebs und Schmerz. | Anerkennung auch bei Krankenkasse. | Wien. In der ayurvedischen Medizin Indiens wird Cannabis vor allem gegen Krämpfe, Schmerzen oder Durchfall eingesetzt. Auch die Assyrer nutzten die Wirkstoffe bei schweren Geburten oder gegen Depressionen. In Nepal sind die appetitfördernden und entspannenden Eigenschaften der Pflanze ebenso seit Jahrhunderten bekannt wie in Jamaica.
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In Europa kennt man den medizinischen Nutzen bei Asthma, Schmerz und Schlafstörungen auch schon seit dem 19. Jahrhundert, politische Ressentiments gegen die (auch) berauschende Pflanze überschatten aber bis heute sachliche Diskussionen.
Der Wiener Allgemeinmediziner Kurt Blaas arbeitet gemeinsam mit Fachleuten, Chemikern und Apothekern seit den späten 90er Jahren an der Entwicklung und "Salonfähigkeit" von Cannabis-Medikamenten. Der daraus entstandene Verein CAM (Cannabis als Medizin) ist maßgeblich in internationale Aktivitäten und Forschungen eingebunden. Die Firma heimische Bionorica hat auch das erste, seit Juli 2005 in Österreich zugelassene, Medikament namens Dronabinol entwickelt.
"Vorher mussten wir eigene Suchtgift-Rezepte ausstellen, die einer Genehmigung durch den Amtsarzt unterliegen, genau so wie Opiate", erzählt Kurt Blaas, "für gehbehinderte oder Schmerzpatienten oft ein erheblicher Aufwand". Zudem sei ja Cannabis in keiner Form ein "Suchtgift". Nun sei auch eine Kostenrückerstattung durch die Krankenkasse möglich.
Noch immer Vorurteile
Das geht nun leichter. Tatsächlich ist das Einsatz-Spektrum von "Dronabinol" oder artverwandten Medikamenten groß: Multiple Sklerose (MS), Nervenentzündungen, alle Arten von chronischen Schmerzen, Krebsleiden, Muskelspasmen, Appetitlosigkeit. "Und das sind nur die wichtigsten Gruppen", betont Blaas. "Als einzige Nebenwirkungen können Müdigkeit und Hungergefühl auftreten, eine Überdosierung ist unmöglich", erklärt der Mediziner die Vorteile gegenüber anderen Arzneien.
Doch der Kampf gegen Vorurteile ist noch lange nicht gewonnen. Blaas: "Rund 60 bis 70 Prozent der praktizierenden Ärzte kennen sich damit nicht aus, weil sie sich nicht mit dem Thema befassen".