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Cannes ist nicht umsonst eines der renommiertesten Filmfestivals der Welt. Wem hier die Goldene Palme wedelt, der darf in Folge dieses Ritterschlages auch auf kommerziellen Erfolg hoffen. Nun hat Cannes wieder einmal einen handfesten Skandal. Heuer liefen erstmals zwei Produktionen von Netflix im Wettbewerb. Bei der Vorführung des ersten wurde der Film so gnadenlos niedergebuht, dass abgebrochen werden musste. Auch beim zweiten Film gab es Buh-Orkane bei Erscheinen des Netflix-Logos. Formal geht es darum, dass der Verdacht besteht, der Film werde, wenn er auf Netflix läuft, nicht regulär in die Kinos kommen.
Das stimmt zwar so nicht, reichte aber dennoch für die Proteste. Zumindest auf dem Papier. Denn die Wahrheit ist wohl viel eher: Die Cineasten wollen mit einem Kommerzübel wie Netflix gar nicht erst in Berührung kommen. Klar: Menschen, denen es schon zu mainstreamig ist, wenn ein Film mehr als drei Zuschauer pro Vorführung hat, muss angesichts der weltweiten Reichweiten von Netflix schlecht werden.
Diese Ansicht ist freilich nicht nur vorgestrig, sondern auch zutiefst unvernünftig. Denn ein Wettbewerb wie Cannes sollte auf Qualität setzen und nicht auf Vorurteile. Wenn Netflix bereit ist, Ressourcen in Produktionen zu investieren, die Cannes würdig sind, dann sollte man sich nicht in kleinlichen Aktionen wie diesen verzetteln, sondern diese Anstrengung auch würdigen.
Letztlich geht es doch um die Qualität der Inhalte und nicht die Darreichungsform. Aktionen wie diese sind eines Festivals, das sich für den Zenit des Kinos hält, jedenfalls unwürdig.