Zehn Jahre und drei Monate dauern nun schon in Argentinien die Ermittlungen gegen Ex-Präsident Carlos Menem (1989-1999) wegen illegalen Waffenhandels mit Kroatien und Ecuador an. Mehr als ein Jahrzehnt, Zeit genug, den Fall fast schon in Vergessenheit geraten zu lassen. Jetzt aber könnte den Peronisten das Verfahren erneut einholen.
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Nachdem gegen seinen Schwager und Berater, Emir Yoma, Ende Juni wegen Teilnahme am Waffenhandel der Prozess eröffnet wurde, gerät auch der 75-Jährige Menem ebenso wie sein damaliger Wirtschaftsminister, Domingo Cavallo, wieder ins Blickfeld der Justiz.
Mehr als 6.500 Tonnen Waffen und Munition sollen zwischen 1991 und 1995 nach Kroatien und Ecuador ohne Rücksicht auf internationale Verbote geliefert worden sein. In den Fall ist das staatliche Unternehmen "Fabricaciones Militares" verwickelt. Zu Zeiten des Waffenhandels mit Kroatien herrschte ein Embargo der UNO auf die Einfuhr von Kriegsmaterial ins ehemalige Jugoslawien. Und im Fall Ecuadors gehört Argentinien zu den Friedensgaranten zwischen den Konfliktparteien Peru und Ecuador, die 1995 bewaffnete Grenzstreitigkeiten austrugen.
Vor vier Jahren standen Carlos Menem und sein Schwager schon einmal in diesem Fall unter Hausarrest, die Prozesseröffnung war greifbar nah. Die damalige Nachricht von der Festnahme des ehemaligen Staatschefs rief im Land ungläubiges Erstaunen hervor. Menems Argentinien war Sinnbild für ein Paradies der Straflosigkeit in der Politik. Selbst im Obersten Gericht herrschte die sogenannte automatische "Präsidentenmehrheit". Es war dieses Gericht, dass nach sechs Monaten das Verfahren einstellen und Menem und Yoma wieder aus der Verantwortung ließ.
Hausarrest und Flucht
Betrug, Machtmissbrauch und Verschleierung als Regierungsstil zu Menems Amtszeit sind heute schon längst kein offenes Geheimnis mehr wie damals. Laut der Antikorruptionsinitiative Transperency International gehörte Argentinien zu den 32 korruptesten Ländern der Erde. Heute sind dies Themen der Justiz. Menem muss sich jetzt in weiteren vier Verfahren wegen Betrug, Bestechung und illegitimer Bereicherung verantworten. Insgesamt wurden laut Gericht unter Menem2,9 Milliarden Euro Reservegelder ohne jegliche Kontrolle ausgegeben; zusätzliche monatliche "Regierungsgehälter" von bis zu 84.000 Euro waren an der Tagesordnung.
Vor diesen Vorwürfen war der Peronist letztes Jahr zu seiner chilenischen Frau, der Schönheitskönigin Cecilia Bolocco, nach Chile geflohen. Dort war er sicher, denn das Land lieferte trotz internationalem Haftbefehl nicht aus. Nach der Zahlung einer Kaution von drei Millionen Pesos konnte Menem jedoch zu Weihnachten unbehelligt zurück nach Argentinien.
Seitdem drängt er wieder auf die politische Bühne. Carlos Menem will bei der Legislativwahl im Oktober einen Senatorenplatz für seine Heimatprovinz La Rioja erhalten. Solch ein Platz wäre ihm nicht nur politisch von Nutzen: Er brächte ihm Immunität. Sein ehemaliger Wirtschaftsminister Cavallo geht den gleichen Weg und hofft, ins Abgeordnetenhaus einzuziehen. Bisher ist somit lediglich bei Emir Yoma der Prozess sicher. Der Anwalt Ricardo Monner Sans, dessen Anzeige 1995 die Ermittlungen im Fall des illegalen Waffenhandels auslösten, erklärte jedoch: "Wenn dieses Verfahren gesetzeskonform abläuft, dann muss der Ex-Präsident auch vor Gericht."