Ob die Regierung auch den Verbund in die staatliche Industrieholding einbringt, ist noch fraglich - das Unternehmen soll sich sträuben.|Politische Grundsatzentscheidungen für einen Umbau der ÖIAG könnte es noch vor dem Sommer geben.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Seit Wochen und Monaten brütet die Bundesregierung über Konzepten, wie man die Rolle der ÖIAG aufwerten könnte. Dass die staatliche Industrieholding künftig auch als Kapitalgeber für wachstumsstarke Firmen mittlerer Größe in Erscheinung treten soll, ist bereits politischer Konsens. Nach wie vor unklar ist indes, wie viele und vor allem welche Bundesbeteiligungen die ÖIAG dazubekommen soll. Als fix gilt derzeit nur, dass der Drittel-Anteil der Republik an den Casinos Austria, den im Moment die Nationalbank-Tochter Münze Österreich hält, dem Portfolio der Staatsholding übertragen wird.
Im schlimmsten Fall könnte es dabei bleiben, dass lediglich diese Beteiligung dazukommt - obwohl auch die Bundesimmobiliengesellschaft BIG, die Bundesforste und vor allem der Verbund wiederholt als Kandidaten für einen Transfer zur ÖIAG kolportiert wurden. Gerade was den Verbund, den größten Stromkonzern des Landes, betrifft, so scheint dessen Absiedelung aus dem Kompetenzbereich des Wirtschaftsministeriums noch längst nicht paktiert. Widerstände sollen zuletzt vor allem vom Unternehmen selbst gekommen sein.
Über Holding noch eine darüberstülpen?
"An der Spitze des Verbund-Konzerns ist bereits eine Holding installiert, an der die operativen Einheiten hängen", betont ein Insider, der namentlich nicht genannt werden will. "Welchen Sinn sollte es machen, mit der ÖIAG noch eine Holding darüberzustülpen?"
Unterdessen heißt es aus dem Wirtschaftsministerium weiterhin: "Wenn es für den Verbund einen Mehrwert gibt, werden wir uns dem nicht verwehren." An anderer Stelle heißt es aus Regierungskreisen: "Der Verbund kommt mit größter Wahrscheinlichkeit in die ÖIAG." Jedenfalls ist der mögliche Wechsel gerade Gegenstand koalitionsinterner Debatten.
Gerüchten zufolge sollen dabei auch Überlegungen ins Spiel gebracht worden sein, wonach die ÖIAG den 51-prozentigen Staatsanteil kaufen soll, was dem durch die Hypo massiv belasteten Bundesbudget bis zu drei Milliarden Euro verschaffen könnte. Stimmen die Gerüchte, würde die Republik ihre Verbund-Aktien somit an sich selbst verkaufen. Um diesen Deal überhaupt finanzieren zu können, müsste sich die aus dem Budget ausgegliederte Staatsholding freilich verschulden - über eine Anleihe oder einen Kredit.
Da das Stichwort Hypo bereits gefallen ist: Die geplante Kapitalgesellschaft für den Abbau milliardenschwerer Altlasten der Krisenbank soll künftig ebenfalls unter das Dach der ÖIAG kommen. Wie aus Regierungskreisen zu hören ist, soll dieses Vehikel jedoch nicht direkt der staatlichen Beteiligungsholding angegliedert werden. Geplant ist, dass die ÖIAG-Tochter Fimbag die Hypo-Abbaueinheit unter ihre Fittiche nimmt. Die Fimbag hat schon bisher nicht nur das Partizipationskapital, sondern auch die Bankbeteiligungen des Bundes als Treuhänder für die Republik verwaltet.
Kontrollgremium soll neu aufgestellt werden
Grundsatzentscheidungen für den Umbau der ÖIAG - ob es jetzt nur ein kleiner oder doch ein größerer wird - will die Regierung noch vor dem Sommer treffen, auf alle Fälle aber noch in diesem Jahr. Was im Zuge der geplanten Neustrukturierung ebenfalls auf der Agenda steht: Die bisherige, von politischen Einflüssen weitgehend unabhängige Selbsterneuerung des ÖIAG-Aufsichtsrats soll zumindest zum Teil wieder aufgeweicht werden. Vor allem die SPÖ will das, Kritiker sprechen von einer Rückkehr des Proporzes.
Sollte die Regierung den Aktionsradius der Staatsholding deutlich erweitern, könnte dem bisherigen Alleinvorstand Rudolf Kemler ein Co-Vorstand zur Seite gestellt werden. Kemler selbst - er amtiert seit gut eineinhalb Jahren - scheint fest im Sattel zu sitzen. In früheren Zeiten der ÖIAG hatte es bereits Zweiervorstände gegeben, damals aber war auch ihr Beteiligungsportfolio größer als heute. Denn nach der großen Privatisierungswelle in den Nullerjahren hält die ÖIAG mit OMV (31,5 Prozent), Post (52,9 Prozent) und Telekom Austria (28,4 Prozent) aktuell nur noch drei nennenswerte Beteiligungen.
Verhandlungen mit Mexikanern in der Zielgeraden
Unter Hochdruck laufen unterdessen die Verhandlungen der ÖIAG mit der zweiten Telekom-Großaktionärin, der mexikanischen América Móvil (26,8 Prozent). Angepeilt wird ein eheähnlicher Syndikatsvertrag, der das Headquarter und die Investitionen der Telekom langfristig absichert. Nach Ostern könnte es damit so weit sein.