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Causa Innenministerium: Vielleicht keine Vertuschung, aber schwere Tollpatschigkeit

Von Katharina Schmidt

Analysen

Ein Untersuchungsausschuss, eine Untersuchungskommission unter Vorarlbergs Sicherheitsdirektor Elmar Marent und eine unter Ex-Verfassungsgerichtshofspräsident Ludwig Adamovich. Der abgesetzte Kripo-Chef Herwig Haidinger hat mit seinen Anschuldigungen gegen das Innenministerium eine politische Lawine ausgelöst. | Doch nicht nur mit den ersten - nicht gerade spektakulären - Erkenntnissen des U-Ausschusses scheint die Substanz der Vorwürfe mehr und mehr zu verpuffen. Bestes Beispiel dafür ist der vergangene Woche vorgelegte Bericht der Adamovich-Kommission zur Causa Natascha Kampusch. Zwar geht daraus hervor, dass es sehr wohl Kommunikationmängel zwischen ermittelnden Beamten gegeben haben dürfte. Von Amtsmissbrauch, Vertuschung oder Korruption ist aber auch nach monatelangen Untersuchungen nichts zu bemerken. Haidinger sieht sich dennoch bestätigt und bleibt bei seinen Vorwürfen. Muss er wohl auch, um seine Glaubwürdigkeit nicht noch stärker zu beschädigen.


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Haidinger ist aber nicht der Einzige: Das Innenressort hat von der Affäre ebenfalls einen schweren Image-Schaden davongetragen. Und den hat man sich in der Wiener Herrengasse - zumindest teilweise - selbst zuzuschreiben. Denn statt die vom U-Ausschuss angeforderten Akten artig dem Parlament zu übermitteln, zeigte sich das Ministerium wenig kooperationsbereit, stritt um Schwärzungen, sodass eine eigene Clearingstelle eingerichtet werden musste. Und man ließ die Öffentlichkeit wissen, dass Daten über die sexuelle Orientierung einiger Mitarbeiter in den Personalakten auftauchen.

Mit der Adamovich-Kommission wollte Innenminister Günther Platter den Beweis erbringen, dass er wirklich an "lückenloser Aufklärung" interessiert ist. Auch ging es tollpatschig zu: Der Adamovich-Endbericht stand einige Zeit ohne die berühmten Schwärzungen beziehungsweise Weißungen im Internet. In Sachen Persönlichkeitsschutz war man hier also weniger penibel als im U-Ausschuss.

Ebenso stellt sich die Frage, wie, fast zeitgleich, das deutsche Magazin "stern" an ein Protokoll gekommen ist, in dem angeblich widersprüchliche Aussagen eines Freundes von Kampusch-Entführer Wolfgang Priklopil zu lesen sind. Der Name wurde voll abgedruckt und der Mann als mutmaßlicher Komplize hingestellt. Und in den Kriminalfällen von Spitz und Amstetten war das Ministerium offenbar so darauf bedacht, Transparenz zu beweisen, dass die ermittelnden Beamten die vollen Namen der Verdächtigen veröffentlichten. Das Prinzip "in dubio pro reo" wurde mit der Begründung ignoriert, dass Hinweise benötigt würden. Zumindest im Fall F. wirkt dies aber - ob der Keller-Beweise - mehr als fadenscheinig.

Es dürfte also wirklich etwa faul sein im Staate Österreich - nur an anderen Stellen, als dies Haidinger glaubt.

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