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Causa Kampl: Neues Öl heizt Feuer weiter an

Von Walter Hämmerle

Politik

In der Causa Kampl sprach sich am Dienstag auch die Regierungsspitze für den Rücktritt des wegen seiner Aussagen zu Wehrmachtsdeserteuren umstrittenen Kärntner Bundesrats aus. Zusätzlich Öl ins Feuer der hitzigen Diskussion haben am Dienstag ÖVP-Sozialsprecher Walter Tancsits und Kärntens Landtagspräsident Jörg Freunschlag (BZÖ) gegossen.


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"Ich gönne einem Staat, in dem ich straflos geistiger Nachfahre der braunen Nazi-Schergen genannt werden darf, einen Bundesrat Kampl", erklärte Tancsits mit Bezug auf ein erstinstanzliches Urteil des Wiener Straflandesgerichts vom 28. April. Tancsits hatte gegen die Homosexuelleninitiative (HOSI) Wien ein Verfahren wegen übler Nachrede und Beleidigung geführt.

Grund dafür war eine HOSI-Aussendung von Anfang März, in der es hieß: "Es ist eine Schande für dieses Land, dass auch heute noch geistige Nachfahren der braunen Nazi-Schergen wie Tancsits im Parlament sitzen." Hintergrund war die Forderung der Aktivisten, auch Homosexuelle als Anspruchsberechtigte in das Opferfürsorgegesetz aufzunehmen und sie damit formell als NS-Opfer anzuerkennen. Tancsits hatte sich im Parlament dagegen ausgesprochen. HOSI-Obmann Högl und Generalsekretär Krickler waren in erster Instanz freigesprochen worden, Tancsits meldete dagegen volle Berufung an.

Während ÖVP-Klubobmann Wilhelm Molterer von "unpassenden und unglücklichen" Formulierungen seines Sozialsprechers sprach, gleichzeitig aber einen Vergleich mit Kampl für nicht zulässig erklärte, zeigte Bundeskanzler Wolfgang Schüssel Verständnis für Tancsits Empörung über das erstinstanzliche Urteil. Ganz anders die Reaktionen der Opposition, die auf Begriffe wie "rücktrittsreif" - so SP-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos - und "verbaler Amoklauf" - so der Sozialsprecher der Grünen, Karl Öllinger - zurückgriff.

Auch Regierungsspitze für Kampl-Rücktritt

Auch in der innenpolitischen Causa prima dieser Tage, dem Rücktritt vom Rücktritt des Kärntner Bundesrats Kampl, nahm Schüssel am Dienstag beim Pressefoyer nach dem Ministerrat Stellung. Für Personen mit solchen Ansichten gebe es keinen Platz in den demokratischen Institutionen der Republik, sprach sich Schüssel für einen Rücktritt aus. Dieser Ansicht schloss sich auch Vizekanzler Hubert Gorbach an, der hinzufügte, selbst auf seinen ehemaligen Parteifreund - Kampl ist erst kürzlich aus dem BZÖ ausgetreten - noch einmal entsprechend einwirken zu wollen.

Schüssel weist SP-Forderung nach "Machtwort" zurück

"Bedenklich" sind für Schüssel allerdings die Forderungen der SPÖ nach einem "Machtwort" von seiner Seite in dieser Angelegenheit. Die ganze Republik baue schließlich auf dem Prinzip der Gewaltentrennung auf, so Schüssel, "und ich bin als Bundeskanzler für das Funktionieren der Verwaltung veranwortlich". Die Abberufung eines Mandatars liege dagegen "aus guten Gründen" nicht in der Zuständigkeit der Exekutive.

"Die Glaubwürdigkeit des Gedenkjahrs steht und fällt mit der Frage, ob Kampl zurücktritt oder nicht", sieht SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer nach wie vor den Kanzler gefordert. Grünen-Chef Alexander Van der Bellen plädierte erneut für eine Änderung der Geschäftsordnung im Bundesrat. Dagegen haben sich allerdings bereits die Landeshauptleute ausgesprochen.

Für Empörung sorgte am Nachmittag der Kärntner Landtagspräsident Jörg Freunschlag (BZÖ). In der "Kärntner Woche" erklärte er, die "Naziverfolgung" nach dem Krieg sei ein "Faktum" und Korporationen die "größten Verlierer des NS-Regimes" gewesen. Für die SPÖ ist Freunschlag als Landtagspräsident "untragbar" geworden. Der Koalitionspartner von Jörg Haider kündigte für Donnerstag Protestaktionen an. Auch die ÖVP ist für den Rücktritt. Die Grünen kritisierten die Umkehr der Täter-Opfer-Rolle.