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CDU nimmt in Essen endgültig Abschied von der Ära Kohl

Von Rainer Mayerhofer Berlin

Politik

· Auf ihrem heute in Essen beginnenden 13. Parteitag nehmen die deutschen Christdemokraten endgültig Abschied von der Ära Kohl. Der Langzeitvorsitzende und Ex-Kanzler, der die Partei mit | der Spendenaffäre in den letzten Monaten ins Trudeln gebracht hat, versprach seinen Parteifreunden sogar, nicht an diesem Parteitag teilzunehmen.


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Die Weichen für den personellen Neubeginn sind mit dem Führungstrio Angela Merkel (Parteiführung), Ruprecht Polenz (Generalsekretär) und Friedrich Merz (Fraktionschef) gestellt und Merkel

liegt in den neuesten Umfragen mit SPD-Kanzler Gerhard Schröder gleichauf. Trotzdem ist die Lage der CDU, die im September 1998 von den Wählern nach 16 Jahren an der Regierung auf die

Oppositionsbänke verbannt wurde, alles andere als rosig. Nach Erdrutschsiegen bei mehreren Landtags- und den Europawahlen, geriet die Partei Ende des Vorjahres in einen nicht enden wollenden Skandal

um Kohls illegale Parteispenden, über deren Herkunft der Exkanzler noch immer schweigt. Der in der Folge aufgedeckte Sumpf über die Parteifinanzen mit Geheimkonten in der Schweiz hat der CDU schweren

moralischen Schaden zugefügt und den schon greifend nahen Sieg über die rot-grüne Koalition bei den Landtagswahlen in Schleswig Holstein in weite Ferne rücken lassen.

Desaströs sind auch die finanziellen Konsequenzen für die CDU aus diesen Affären. Die Partei hat jahrelang über ihre Verhältnisse gelebt. Der Rechenschaftsbericht weist Schuld von mehr als 100

Millionen Mark aus. Die Bundespartei gibt im Jahr 16,5 Millionen Mark mehr aus, als sie einnimmt. Dazu kommen drohende Strafen in mehrstelliger Millionenhöhe.

Der scheidende Parteichef Wolfgang Schäuble, der lange Kohls Kronprinz war, wird in seinem Bericht wohl selbst einen Blick zurück im Zorn machen. Zur Einstimmung hat er bereits in der Vorwoche ein

Fernsehinterview gegeben,. in dem er von einer "ziemlich ordentlichen Intrige" gegen sich sprach, die "mit kriminellen Elementen" durchsetzt gewesen sei. In der Wochenzeitung "Die Woche" ging

Schäuble seinen Vorgänger sogar frontal an. Auf die Frage, ob sein Einsatz für Merkel auch Rache an Kohl gewesen sei, sagte er: "Es mildert jedenfalls den Triumph, mich umgebracht zu haben."

An der Wahl Merkels zur neuen CDU-Vorsitzenden am Montagnachmittag besteht kein Zweifel · sie wurde von der Basis in den letzten Wochen auf einer Welle der Sympathie an die Spitze getragen. Andere

Optionen · der bei den Landtagswahlen in Schleswig Holstein nicht gerade als Sieger dastehende Volker Rühe oder die Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf und Bernhard Vogel, waren angesichts dieser

Stimmung bald aus dem Rennen.

Unter den vier stellvertretenden Parteichefs wird es eine Änderung geben: Für Norbert Blüm dürfte Nordrhein-Westfalens CDU-Chef Jürgen Rüttgers in die engste Führungsspitze nachrücken. Baden-

Württembergs Kultusministerin Annette Schavan, der niedersächsische CDU-Chef Christian Wulff und Ex-Verteidigungsminister Volker Rühe wollen Mitglieder des Spitzenquartetts bleiben. Ein richtiges

Gerangel wird es um die übrigen Präsidiumsposten geben. Für die sieben Posten gibt es bereits elf Bewerber, darunter auch den scheidenden Parteichef Schäuble.