Eine braune Proletariermütze aus Baumwolle, mit Schafsfell gefüttert, oder eine Schachtel aus Perlmutt, die dereinst PLO-Chef Yasser Arafat dem rumänischen Staatschef Nicolae Ceausescu verehrt | hat · wer will das haben? Diese und 658 weitere Kleidungsstücke, Möbel, Gemälde, Gebrauchsgegenstände und Autos aus dem Besitz des 1989 gestürzten und hingerichteten Diktators und seiner Frau Elena | werden vom 9. bis zum 14. August in Bukarest versteigert.
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Fast zehn Jahre nach dem Sturz und der Hinrichtung des Ehepaares nach einem blutigen Volksaufstand im Dezember 1989 hat sich die bürgerlich-liberale Regierung in Bukarest entschlossen, die
Habseligkeiten des Diktators zu Geld zu machen. Was derzeit in Ceausescus früherer Prunkresidenz im noblen Primaverii-Viertel für die Kaufwilligen ausgestellt ist, stellt aber nur einen Bruchteil
dessen dar, was die Ceausescus in den 24 Jahren ihrer Herrschaft angehäuft hatten.
Denn weitere Zehntausende Objekte lagern in Kellern und Bunkern. Sie sollen bei künftigen Versteigerungen angeboten werden. Besonders wertvolle Kunstgegenstände hat allerdings das Kulturministerium
aussortiert und für unverkäuflich erklärt. Übrig geblieben sind folglich · so weit jetzt ersichtlich · vor allem Nippes für Exzentriker mit einer Neigung zum Ceausescu-Thrill, oder mit viel Mut zu
schlechtem Geschmack. Denn einen Gobelin mit Elena Ceausescus idealisiertem Konterfei mag sich nicht jeder ins Zimmer hängen, und so manchem dürfte das Bier sauer aufstoßen, wenn er es aus einem der
Glaskrüge mit silbern eingearbeitetem Ceausescu-Kopf trinken müsste.
Wer sich zu Albträumen anregen lassen will, kann eines der fünf Raubkatzenfelle mit ausgestopftem Kopf als Bettvorleger ersteigern. Es ist eine Mischung aus Gruselkabinett und drittklassigem Second-
Hand-Laden. Alles darf angefasst und anprobiert werden: Elena Ceausescus aus der Mode gekommene glitzernde Abendroben, etwa 30 ihrer Pelze sowie die bescheideneren Anzüge ihres Gatten, an deren von
Hand gesetzten Nähten ersichtlich ist, dass Ceausescu sie sich auf den Leib schneidern ließ.
Viele Objekte, die den damaligen Personenkult um das Diktatorenpaar dokumentieren, wären wohl eher in einem Museum am Platz. Dazu gehört beispielsweise der in Holz gedrechselte
Geburtstagsglückwunsch, den einmal ein geplagtes Arbeiterkollektiv aus der südwestrumänischen Stadt Resita an Elena geschickt hat.
Andere Sachen, wie etwa das vom Weltmeister Anatoli Karpow geschenkte Schachspiel, könnten durch ihre Geschichte Käufer anlocken. Doch ist über Herkunft der Objekte zu wenig bekannt. Die Mercedes-
Spezialanfertigung für die Tochter Zoe soll inoffiziellen Angaben zufolge ein Geschenk des früheren deutschen Kanzlers Willy Brandt sein. Die schwarze Buick-Limousine Baujahr 1974 mit dem inzwischen
angekratzten Lack soll der frühere US-Präsident Richard Nixon spendiert haben. Ob das stimmt, steht in den bisher nicht zugänglichen Akten des kommunistischen Auslandsgeheimdienstes.
Die Proletariermütze ist zu einem Anfangspreis von 200.000 Lei zu haben. Bei Ceausescus Reisebus mit Konferenzraum, Schlafzimmer, Dusche und Küche, eine Spezialanfertigung der Firma MAN, soll die
Versteigerung bei 1,1 Mrd. Lei (880.000 Schilling) beginnen. Insgesamt hofft die Regierung, mindestens 4,5 Mrd. Lei einzunehmen. Die meisten Rumänen dürfte jedoch der Preis der Eintrittskarte vom
Auktionsbesuch abhalten: Sie kostet so viel wie eine Mütze Ceausescus, und das entspricht bereits einem Siebentel eines durchschnittlichen Nettomonatsgehalts.