Zum Hauptinhalt springen

Cesar Sampson hat den 3. Platz für Österreich geholt

Von Gerhard Männl

Leserforum

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 6 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Für Österreich? Für welches Österreich? Werbewirksam verkündete er in der auflagenstärksten Tageszeitung: "Ich bin kein Patriot." Und weil ein Bild mehr als tausend Worte sagt, präsentierte er sich mit der Aufschrift "kids of diaspora" zwischen der rot-weiß-roten und der grünen Fahne, auf die er mit gestreckten Zeigefingern, ähnlich einem islamischen Gruß, zeigt.

Das erinnert an den Elyas M'Bareks Tweet als Kommentar auf den Sieg des FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer: "Hab nen österreichischen Pass zu verschenken. Will den nicht mehr."

Niemand kann ernsthaft an eine Integration einer fremden Kultur durch die Segregation der vertrauten Umwelt glauben.

Die heutige Änderung der Gesellschaft folgt einer Eigendynamik, der man sich anpassen, die man aber nicht mehr lenken kann. Grundwerte des westlichen Welt zerbröseln. Die Meinungsfreiheit unterliegt einer Beschränkung - die ihren Niederschlag bereits im Strafrecht fand - der politischen Korrektheit. Die Gewaltentrennung gibt es nur mehr in Schulaufsätzen: Die nationalen Regierungen schreiben sich ihre Gesetze selbst, sofern diese nicht aus Brüssel diktiert werden. Die Justiz, als dritte Säule, verlor mit dem Vertrauen ihre Autorität.

Zum Ende des ersten Jahrtausend zerfielen die Stammesherzogtümer, an deren Stelle in den nächsten zwei Jahrhunderten die Territorialherzogtümer traten. Heute scheint die gesellschaftliche Entwicklung in die entgegengesetzte Richtung zu laufen. "No nations, no borders" gilt für einen Teil der Gesellschaft als einzige Lösung. Für einen anderen Teil liegt die Lösung in der gewaltsamen Verteidigung des Staatsgebietes.

Tatsächlich gibt es keine Lösung auf Bestellung, die wie ein Gourmetmenü genossen werden kann. Es kann eine Bestellung ("Einmal Demokratie mit Rechtsstaat als Beilage, bitte") aufgegeben werden, und es kann - mit Abgaben und Steuern - diese Bestellung sogar bezahlt werden. Wenn die Küche im Lieblingsrestaurant aber nachlässt, müssen Konsequenzen gezogen werden. Entweder sucht man sich ein neues Lokal, was eine unsichere Sache sein kann, oder man man spricht mit den Kellnern und dem Küchenchef.

Europa ist noch weit entfernt von chaotischen Zuständen anderer Weltgegenden, in denen Politiker von der Regierungsbank auf die Anklagebank wechseln; und manchmal sogar wieder zurück. Aber Europa steht nicht mehr vor dem Abgrund. Europa hat den einen Schritt "zu viel" bereits getan: Es hängt nur mehr am Seil.

Europa war immer ein Kontinent der Gewalt. Eine derart lange Friedensperiode, wie wir sie heute erleben dürfen, ist eine Ausnahme. Aber Europa hat nach jeder gewaltsamen Auseinandersetzung wieder "zusammengefunden". Es scheint ein Paradoxon zu sein: Gerade heute, wo die letzten Zeitzeugen des letzten großen Krieges wegsterben, werden die Gräben immer tiefer. Politiker, die als Brückenbauer auftreten, haben oft Mineure im Gefolge.

Ich kenne viele Alte, die neugierig sind, was die Zukunft bringen wird, aber es eigentlich gar nicht wissen wollen.

Sicher ist nur eins: Es entsteht ein anderes Österreich in einem anderen Europa, das weder in der Wahlzelle bestellt, noch von Brüssel serviert können werden wird. Ob es neu oder nur gierig sein wird, ist abzuwarten.