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Ceta - sag’ niemals Handelsabkommen zu ihm

Von Bruno Rossmann

Gastkommentare
Bruno Rossmann ist Klubobmann der Liste Jetzt.

Die Gefahr liegt in Sonderklagerechten und Paralleljustiz.


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Gerade eine kleine Volkswirtschaft wie Österreich ist auf offene Handelsbeziehungen angewiesen. Aber die Bedingungen dafür müssen fair gestaltet sein. Genau das trifft auf Ceta nicht zu, da es kein reines Handelsabkommen ist. Es geht weit über die Abschaffungen tarifärer Handelshemmnisse hinaus. Einzelne Passagen des Vertrags lassen keinen Zweifel daran, dass es sich um einen ideologisch geprägten Knebelvertrag handelt, der heute nicht besser ist als vor einem Jahr: Die kosmetischen Änderungen bei der Schiedsgerichtsbarkeit ändern nichts an der Sache. Die Politik der Regierung führt die Bevölkerung in die Irre.

Zentraler Bestandteil des Vertrags ist der Investorenschutz. Dieser gewährt ausländischen Investoren - vor allem Konzernen - eigene Sonderklagerechte gegen unliebsame Gesetze. Ginge es bloß um den Schutz vor Diskriminierung und Enteignung, bräuchte es kein eigenes Abkommen. Beides ist ohnehin bereits in österreichischem Recht und europäischer Menschenrechtskonvention verankert. Der Investorenschutz geht jedoch weiter und gewährt ausländischen Konzernen besondere Rechte, die inländischen Unternehmen verwehrt bleiben. Ceta schützt daher weniger vor Diskriminierung, als es selbige betreibt.

Die von den Sonderklagerechten ausgehende Gefahr für Staat und damit Bevölkerung liegt unter anderem darin, dass unter den von Ceta geschützten "Investitionen" auch in Aussicht stehende Gewinne oder andere aus Verträgen abgeleitete wirtschaftliche Interessen verstanden werden. Auf Basis einer so breiten und zugleich vagen Definition von Eigentum reimen sich erfinderische Anwaltskanzleien rasch eine Enteignung zusammen. In Kombination mit der begrifflichen Weite im Passus zur "gerechten und billigen Behandlung" und ähnlichen Klauseln fanden in der Vergangenheit bereits einige Klagen in Milliardenhöhe den Weg zum Schiedsgericht. So wurde Deutschland etwa im Zuge des Atomausstiegs vom schwedischen Energiekonzern Vattenfall vor einem Schiedsgericht geklagt.

Der nunmehr in Ceta vorgesehene Investitionsgerichtshof unterscheidet sich nur kosmetisch von privaten Schiedsgerichten. Konzernen wird weiterhin eine fallweise berufene und bezahlte Instanz abseits der unabhängigen öffentlichen Gerichtsbarkeit geboten. Für Abkommen zwischen EU-Staaten hat der EuGH erst kürzlich eine derartige Paralleljustiz untersagt, und auch Ceta wird nun vom EuGH auf Rechtswidrigkeit geprüft. Die Regierung will das Abkommen jedoch mit allen Mitteln noch vor dem Urteil durchpeitschen.

Eine rasche Ratifizierung ließe fortan drohende Klagen wie ein Damoklesschwert über Parlament, Regierung und Verwaltung schweben. Wehe dem, der es wagt, die Gewinne der Investoren zugunsten des Umwelt-, Konsumenten- oder Arbeitnehmerschutz zu schmälern. Wehe dem, der sich der festgeschriebenen (Neo-)Liberalisierung verweigert. Wehe dem, der unbeirrt von Konzerninteressen dem Wohl und Willen des Volkes dient, wie es die Demokratie vorsieht. Einem solchen Knebelvertrag kann und werde ich nicht zustimmen!