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Champagner-Winzer schäumen

Von WZ-Korrespondent Renzo Ruf

Wirtschaft

Produkt aus San Franciso heißt "California Champagne". | Internationale Petition gestartet. | Washington. Die französischen Weinbauern geben sich streitsüchtig. "Wir schießen auf alles, was sich bewegt", erklärte ein Vertreter des französischen Comité Interprofessionnel du Vin de Champagne (CIVC) gegenüber einer US-Zeitung. Anlass für diese transatlantische Kriegserklärung: Immer noch schmücken sich in den USA allerlei Schaumwein-Produkte mit der geschützten Herkunftsbezeichnung Champagner.


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Als Dachorganisation der Weinbauern der Champagne macht das CIVC seit 1941 Jagd auf Trittbrettfahrer. Mit Erfolg: So ist es australischen Winzern bald untersagt, ihre Produkte unter der Bezeichnung Champagner zu verkaufen. Die australische Regierung hat zu Monatsbeginn ein entsprechendes Abkommen mit der EU unterzeichnet.

In den USA allerdings beißt die CIVC bisher auf Granit. So ist in jedem gut sortierten Getränkeladen in Washington "California Champagne" der Marke Korbel erhältlich. "Er schmeckt gut", meint eine Getränkehändlerin in einem Geschäft nahe des Weißen Hauses. Und sie versichert: "Sie werden den Unterschied zum französischen Original nicht bemerken."

Außer im Portemonnaie: Die Flasche des US-Champagners ist fast um 25 Dollar billiger als eine aus Frankreich.

Korbel kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Seit 1882 stellt die Einwandererfamilie aus dem heutigen Tschechien in den Hügeln nördlich von San Francisco Champagner her. Und das, ohne ein Gesetz zu verletzen. Zwar hat auch die USA im Herbst 2005 ein Abkommen mit der Europäischen Union unterschrieben, das die Verwendung von geschützten europäischen Herkunftsbezeichnungen wie Champagner, Burgunder oder Port für amerikanische Produkte verbietet.

Weil die EU nach 20 Jahren am Verhandlungstisch aber unbedingt einen Vertrag abschließen wollte, willigte Brüssel in einen Kompromiss ein. Demnach darf US-Champagner, der bereits vor Vertragabschluss im Handel erhältlich war, im Inland weiter unter der geschützten Bezeichnung vertrieben werden. "Manchmal gewinnt man, manchmal verliert man", kommentierte ein EU-Verhandlungsführer den Kompromiss.

Bündnis mit den einstigen Gegnern

Die französischen Weinbauern allerdings haben die Flinte noch nicht ins Korn geworfen. Das CIVC hat dieser Tage in den USA eine Kampagne lanciert, die Konsumenten und Politiker auf die Trittbrettfahrer aufmerksam machen soll. Das Ziel der Franzosen: Eine Nachbesserung des Abkommens. Zu diesem Zweck ist das CIVC sogar eine Allianz mit Weinbauern aus dem Nappa Valley und West-Australien eingegangen - Leute also, denen die Franzosen noch vor kurzem die Fähigkeit absprachen, überhaupt Wein produzieren zu können.

Unter dem Schlagwort "Herkunft spielt eine Rolle" haben 14 Regionen in Europa, Amerika und Ozeanien eine Online-Petition gestartet. Tausende Weinkenner sollen mit ihrem Namen im Internet bereits bezeugt haben, dass in der Tat ein Unterschied zwischen dem echten und dem "unechten" Champagner bestehe. Und sei es nur im Preis.