Obwohl die Motivation unterschiedlich ist, macht ein Beteiligungsmodell in der aktuellen Situation auch krisenbedingt Sinn.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 4 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Aktuell interessieren sich Unternehmen häufig für Mitarbeiterbeteiligungsmodelle. Obwohl die Motivation unterschiedlich ist, macht es in der momentanen Situation, natürlich auch krisenbedingt, Sinn.
Die Motive und Vorteile: Die Motive für die Umsetzung von Mitarbeiterbeteiligungsmodellen sind grundsätzlich sehr unterschiedlich. Momentan steht häufig im Mittelpunkt, dass Unternehmen aufgrund der Covid-19-Situation Kapital benötigen und dieses Kapital natürlich auch mit Hilfe von Mitarbeitern aufgebracht werden kann. Neben der Möglichkeit, von Banken Kredite aufzunehmen oder Hilfsfondsgelder zu beantragen, hat Kapital von Mitarbeitern für Unternehmen daher eine wichtige Finanzierungsfunktion, aber selbstverständlich nicht nur.
Denn eine Mitarbeiterbeteiligung führt auch zu einer Flexibilisierung der Gehälter. In Zeiten von hohen Gewinnen können hohe Gehälter gezahlt werden. Wenn es allerdings einmal nicht so gut läuft, wird die Gewinnkomponente klarerweise nicht schlagend. Hier hat die Mitarbeiterbeteiligung daher einen entscheidenden Vorteil gegenüber einer Lohnerhöhung: Fixkosten werden nicht erhöht, und trotzdem wird eine motivierende zusätzliche Gehaltskomponente geschaffen.
Steuerliche Vorteile eines solchen Modells sind natürlich auch erwähnenswert: Je nach Modell gibt es unterschiedliche Ausgestaltungen, wobei Mitarbeiter eine Beteiligung zu einem vergünstigten Kaufpreis erwerben können und für diesen Vorteil keine Einkommenssteuer zahlen müssen.
Gleichzeitig entspricht die Mitarbeiterbeteiligung oft dem Wunsch der Mitarbeiter nach mehr Mitbestimmung und Eigenverantwortung. Gerade bei mittelständischen Unternehmen mit flachen Hierarchien und sehr persönlich geprägten Mitarbeiterstrukturen kann die Beteiligung die schon hohe Identifikation der Mitarbeiter mit dem Betrieb noch steigern. Die stärkere Involvierung in Entscheidungsprozesse führt zu einem zusätzlichen Motivationsschub der Mitarbeiter.
Letztlich spielt hier bei traditionell geführten Betrieben auch die Hoffnung auf eine Änderung der Unternehmenskultur in eine zeitgemäßere Richtung eine Rolle, wo sich Mitarbeiter nicht als Angestellte, sondern als Mitunternehmer, die eigenverantwortlich Entscheidungen treffen, sehen.
Kritische Wahrnehmung:Teilweise hat die Mitarbeiterbeteiligung ein negatives Image, weil von Arbeitnehmern befürchtet wird, dass die Arbeitgeberseite (gerade in großen Unternehmen) versucht, das Instrument der angeblichen Mitbestimmung nur als billige Motivationsmöglichkeit und als Ersatz für Lohnerhöhungen zu nutzen.
Auch wird immer wieder (teilweise zu Recht) kritisch hinterfragt, inwiefern ein Arbeitnehmer überhaupt einen Beitrag zu einem nennenswert höheren Betriebsergebnis leisten kann, der sich auf einen zusätzlichen "Bonus" für den Mitarbeiter aufgrund seiner Beteiligung auswirken kann. Sobald ein Mitarbeiter erkennt, dass die Einflussmöglichkeit zu gering ist, um tatsächlich etwas zu bewirken, wird auch die Motivation des Mitarbeiters entsprechend sinken.
Erfolgsfaktoren für Mitarbeiterbeteiligungsmodelle: Daher ist es in der Praxis unerlässlich, die Motive für ein Mitarbeiterbeteiligungsmodell konkret herauszuarbeiten und offen zu kommunizieren. Dabei macht es Sinn, einen spezialisierten Rechtsanwalt zu Rate zu ziehen, der neutral und offen widerstreitende Motivlagen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmermotiven aufzeigen und als eine Art Mediator einen fairen Ausgleich finden kann.
Erst danach, wenn auch die gemeinsamen Ziele des Beteiligungsmodells definiert und vorgegeben sind, kann eine rechtliche Struktur erarbeitet werden, die diesen Zielen bestmöglich Rechnung trägt.
Die optimale rechtliche Struktur: Die Möglichkeiten für Mitarbeiterbeteiligungsmodelle sind schier endlos, und so gibt es unzählige Konstruktionen, die unterschiedliche Vor- und Nachteile haben. Steht etwa ein Bonus für Mitarbeiter unter Ausnutzung der steuerlichen Begünstigung im Vordergrund, ist es wichtig, dass dieser Vorteil allen Arbeitnehmern oder zumindest bestimmten
Arbeitnehmer-Gruppen gewährt wird.Dabei sind bestimmte Modelle ausgeschlossen (etwa Anteile an Personengesellschaften, Gewinnschuldverschreibungen, Genussrechte oder partiarische Darlehen), und es muss die Behaltedauer für Arbeitnehmer zumindest fünf Jahre betragen. Auch die steuerliche Behandlung der Mitarbeiterbeteiligung im Unternehmen, also die Frage, ob es sich um Eigen- oder Fremdkapital handeln soll, kann für die Wahl des Modells von Bedeutung sein.
Soll die Mitarbeiterbeteiligung mit einem echten Mitspracherecht verbunden werden, kann dies mit entsprechenden vertraglichen Sonderrechten gewährleistet werden, zum Beispiel Vetorechte für bestimmte Maßnahmen. Gerade mittelständische Unternehmen haben aufgrund ihrer überschaubaren Eigentümerstruktur die nötige Flexibilität, um Mitarbeitern echte Mitspracherechte einzuräumen.
Steht bei einer GmbH eine leichte Handhabe im Vordergrund, empfiehlt es sich, keine GmbH-Anteile direkt an Mitarbeiter zu übertragen, weil das bei jeder Übertragung einen Notariatsakt erforderlich macht. Hier bietet sich eine mittelbare Beteiligung, etwa über eine GesBR, einen Verein, eine Privatstiftung oder einen Treuhänder an.
Mitunter ist es wichtig, dass eine Mitarbeitergesellschaft im Firmenbuch ersichtlich ist, Konstruktionen wie eine stille Beteiligung, scheiden dann natürlich aus.
Fazit: Unternehmen sollten die Krise nutzen, um mit Mitarbeitern die Möglichkeiten von Beteiligungsmodellen zu erörtern. Bei ehrlicher Kommunikation der Motive von Arbeitgeber und Arbeitnehmerseite ist in der Regel ein faires, erfolgreiches Modell möglich.
Sie sind anderer Meinung?
Diskutieren Sie mit: Online unter www.wienerzeitung.at/recht oder unter recht@wienerzeitung.at
Zum Autor~