Eine "interessante Chance, Jörg Haider endlich Paroli zu bieten", sieht der Historiker Lothar Höbelt in der jetzigen Situation der Freiheitlichen Partei. Im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" zieht der ausgewiesene FPÖ-Kenner eine vernichtende Bilanz der Politik Haiders in den vergangenen Jahren - und dementsprechend wenig hält er von dessen Angebot, die Partei unter bestimmten Bedingungen wieder zu übernehmen.
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"Was immer man von Andreas Mölzer halten mag - er ist sicher keine Gefahr für die Stabilität der FPÖ, wie uns Haider dies glauben lässt", ist Höbelt überzeugt. Vielmehr sieht er in den diesbezüglichen Vorwürfen des Kärntner Landeshauptmanns lediglich den jüngsten Vorwand, sich "die Partei wieder unter den Nagel zu reißen". Haiders Behauptung, er selbst verkörpere Stabilität, sei eine "Chimäre, die niemand mehr glauben kann."
Und genau in diesem Umstand sieht Höbelt nun eine interessante Chance für eine Emanzipation der Partei von ihrem Übervater: "Es wird spannend sein zu beobachten, ob es zu einer Allianz zwischen der freiheitlichen Regierungsfraktion und einigen der innerparteilichen Flügeln gegen Jörg Haider kommt." Denn: "Jetzt, glaube ich, hat er den Bogen endgültig überspannt." Haider spiele seit Jahren nur mehr die Rolle eines "politischen Rip Van Winkle", der einfach nicht zur Kenntnis nehmen wolle, dass sich die Dinge in den vergangenen 20 Jahren verändert hätten.
Im Moment sei die FPÖ dazu verurteilt, in der Bundesregierung weiterzumachen, ist Höbelt überzeugt - und solange sie Teil der Koalition sei, könne sich die Partei auch inhaltlich und personell nicht neu positionieren. Für Panikreaktionen besteht laut ihm aber auch kein Anlass: "Ich sehe hier und jetzt keine existenzielle Krise der Partei - die FPÖ ist stabil, der Wiedereinzug in den Nationalrat derzeit nicht gefährdet". Mit einer Rundumerneuerung könne die FPÖ daher ruhig noch ein bisschen warten.
Inhaltlich würde er, Höbelt, der FPÖ zwar nicht empfehlen, die Sozialdemokraten links zu überholen. Angesichts der ständigen Rhetorik vom Schutz für den kleinen Mann werde es ihr wohl aber auch nicht mehr auszureden sein". Selbst das sei aber noch immer dem "Wetterwendischen" vorzuziehen.