Für die Mehrheit der Opposition bringt Mitterlehner als ÖVP-Obmann keine Veränderung. SPÖ und Grüne sehen das anders.
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Wien. Für Bundeskanzler Werner Faymann ist es ein "positives Signal" für die künftige Zusammenarbeit, dass sich die ÖVP so schnell für einen neuen Obmann und Vizekanzler entschieden hat. Bundespräsident Heinz Fischer bezeichnet es als Chance, als ein "Atemschöpfen, ein ,Sich-Erneuern‘." Auch die Grünen-Chefin Eva Glawischnig bewertet die rasche Bestellung von Mittelehner positiv. Mit dieser Entscheidung seien Neuwahlen vorerst kein Thema für die Oppositionspartei. Glawischnig stellte aber klar, sollten sich die Regierungsparteien nicht zum Positiven verändern, würden die Grünen diese forcieren. Man erwarte sich nun eine "modernere und offenere" ÖVP, die mit dieser und den noch bevorstehenden Personalrochaden wieder in Bewegung kommt. Der Stillstand der Volkspartei unter Michael Spindelegger in der vergangenen und aktuellen Legislaturperiode müsse aus Sicht der Grünen mit seinem Abschied ein Ende haben. Als "retro" kritisierte Glawischnig den bisherigen Stil der christlich-sozialen Volkspartei. Die ÖVP wäre aus ihrer Sicht "noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen". Etwa in der Frage um das Ehe- sowie Adoptionsrecht gleichgeschlechtlicher Paare. Die erhoffte Bewegung der ÖVP soll in weiterer Folge auch auf die SPÖ und damit auf die Bundesregierung übergehen. Glawischnig hat Mittlerlehner in der Vergangenheit als pragmatischen Verhandler kennengelernt, der "positiv und beweglich" an heikle Themen herangehen würde, wie sie sagte. Gespürt hätte sie das bei gemeinsamen Verhandlungen.
Grüne fordern eigenständiges Wissenschaftsressort
Ein wichtiger Schritt wäre für die Grünen-Chefin ein eigenständiges Wissenschaftsressort, das Spindelegger in der Vergangenheit auf eigene Faust mit dem Wirtschaftsressort zusammengelegt habe. "Das wäre ein gutes Signal", sagte Glawischnig, um den Bildungsstandort Österreich zu verbessern. International wäre eine Zusammenlegung der beiden Ministerien unüblich. Die Einsparungen dafür würden sich in Grenzen halten. Ein zusätzliches Ressort wäre für Glawischnig akzeptabel. Mit dem Finanzministerium sei man seitens der ÖVP fahrlässig umgegangen, sagte sie. Hier hätte die Volkspartei einiges gutzumachen. Es wären in der Vergangenheit schwere finanzielle Fehlentscheidungen getroffen worden und deshalb plädiert sie dafür, dass man den kommenden Finanzminister nach Fachexpertise und nicht nach Parteiideologie auswählt. Auf dem Plan für den Nachfolger stehe immerhin eine Steuerreform. Hinzu kämen zudem Verluste der Causa Hypo, die man abschreiben müsse.
Opposition überwiegend negativ gestimmt
Grüne und SPÖ begrüßen den Personalwechsel grundsätzlich. Die Oppositionsparteien sind hingegen weiter skeptisch. Der stellvertretende Klubobmann der FPÖ, Herbert Kickl, befürchtet keine Veränderung, Mitterlehner hätte schließlich auch bisher "die ganzen Unsinnigkeiten der ÖVP mitgemacht." Zudem befinde sich neben der ÖVP auch die SPÖ in der Krise. Team-Stronach-Klubchefin Katrin Nachbaur beschreibt Mitterlehner zwar als sympathisch und intelligent, kritisiert aber, dass er sich "in Partei und Wirtschaftskammer hochgedient" habe. Hinzu kommt die Befürchtung, dass die ÖVP nun den vom Team Stronach abgelehnten Vermögenssteuern zustimmen könnte. Für Neos-Chef Matthias Strolz bräuchte es innerhalb der Volkspartei vielmehr eine kollektive Erneuerung. Auch bei der SPÖ. Schließlich, so Strolz, "bräuchte man "eine der beiden für die nächste Regierung".