Jede Arbeitsgruppe muss mit Finanzgruppe Kosten klären. | Keine neue Verfassung, sondern große Novelle. | Wien. Sehr gelöst schritten SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer und Bundeskanzler Wolfgang Schüssel am Mittwochmittag in einer Verhandlungspause vor die wartenden Journalisten, hatte man doch zuvor in der Frage der Verwaltungsreform einen großen Schritt weiter gebracht. Die Verhandlungen seien "zu 95 Prozent sehr harmonisch verlaufen", die Arbeit sei sachorientiert , sagte Schüssel. Man habe sich darauf geeinigt, die Verhandlungen zielgerichtet zu einem Ende zu bringen, erklärte Gusenbauer.
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Dafür hat sich die große Verhandlungsrunde einen neuen Zeitplan zurecht gelegt. Demnach soll die Regierung bereits am 11. Jänner angelobt werden. "Das ist der Zeitplan. Entweder wir schaffen es in dem oder nicht", sagte Gusenbauer. "Wir sind gut unterwegs. Jetzt haben wir einen realistischen Zeitplan aufgestellt, der erfüllbar ist, wenn alle mitspielen", assistierte Schüssel.
Die Staats- und Verwaltungsreform bezeichnete Gusenbauer als das Herzstück der kommenden Regierung. Dafür brauche man eine Zwei-Drittel-Mehrheit, daher sei das auch nur in einer großen Koalition machbar.
Festgelegt haben sich die Verhandler darauf, dass bis Mitte 2007 eine Arbeitsgruppe einen Verfassungsentwurf ausarbeiten soll. Dieser Arbeitsgruppe sollen Personen angehören, die schon im Österreich-Konvent mitgearbeitet haben. Es wird keine ganz neue Verfassung geben, sondern große Novellen.
Laut Schüssel sollen vor allem die mehr als 1600 Verfassungsbestimmungen bereinigt und die Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Ländern klar geregelt werden. Außerdem soll eine einheitliche Schulverwaltung (Bildungsdirektion) pro Bundesland eingesetzt werden, Sozialhilfe und Notstandshilfe sollen bei einer Stelle bezogen werden, Landesverwaltungsgerichte sollen eingeführt werden, die Zusammenarbeit der Gebietskörperschaften - vor allem der Gemeinden - soll modernisiert werden. Auch für die Ortstafeln will man eine Lösung finden, die sowohl für die Minderheit als auch für die Mehrheit akzeptabel ist.
Verbesserungen soll es für die Teilhabe an Wahlen geben. Allerdings gibt es da noch Differenzen. Die SPÖ will eine Senkung des Wahlalters auf 16, die ÖVP fordert ein Briefwahlrecht.
Auf Fragen, ob es nicht schon heiklere Punkte gegeben habe, die von den Verhandlern abgehakt werden konnten, sagte Schüssel, die Lösung der Ortstafelfrage sei wohl "mehr als ein Schulterzucken wert". Natürlich gebe es etwa in der Frage des Bundesstaates unterschiedliche Sichtweisen, das sei aber legitim, schließlich würden ja zwei Parteien mit sehr unterschiedlicher Tradition verhandeln, sagte Schüssel. Gusenbauer ergänzte: "Ich sehe das exakt so."
Um eine Kontrolle über die Kosten zu haben, müssen ab sofort alle Untergruppen ihre Wünsche und Vorstellungen mit den Finanzexperten Christoph Matznetter und Karl-Heinz Grasser abklären. Die Verwaltungsreform jedenfalls soll ja Einsparungen bringen und keine Kosten verursachen. Gusenbauer glaubt aber, dass sich die finanziellen Erfolge möglicherweise erst in der nächsten Legislaturperiode einstellen würden. Eine Zahl wurde dann doch genannt: Mit dem Standardkostenmodell für die Wirtschaft sollen etwa zwei Milliarden Euro bei der Verwaltung eingespart werden können.
Auch bei der am Nachmittag diskutierten Causa, dem Wirtschaftsstandort gab es wenig Konfliktpotenzial. Im Wesentlichen wurde das Sozialpartnerpapier abgesegnet.