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Chaos im Vorfeld der italienischen Regionalwahlen

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Während Duce-Enkelin Alessandra Mussolini seit Montag vor dem Berufungsgericht in Rom, das am Freitag über Ausschluss oder Zulassung ihrer Liste Alternativa Sociale zu den Regionalwahlen in Latium am 3. und 4. April entscheidet, einen Hungerstreik abhält, sind in weiteren italienischen Städten Untersuchungen wegen angeblicher Unterschriftenfälschungen für die Zulassung von Wahllisten eingeleitet worden.


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Am ersten April-Wochenende werden in 14 Landesteilen neue Regionalparlamente gewählt. Sechs dieser Regionen - Emilia Romagna, Toskana, Umbrien, Marken, Kampanien und Basilikata - wurden bisher von Mitte-Links-Verwaltungen regiert, acht - Ligurien, Piemont, Lombardei, Venetien, Latium, Abruzzen, Apulien und Kalabrien - von der Regierungskoalition Berlusconis. Nach den jüngsten Meinungsumfragen gilt die Opposition zusätzlich zu ihren bisherigen Regionen auch in Ligurien und Kalabrien als Favorit, Berlusconis Koalition liegt nur in der Lombardei und in Venetien klar voran. Piemont, Abruzzen, Latium und Apulien sind heftig umkämpft.

In Latium, wo der bisherige Regionalpräsident, der Postfaschist Francesco Storace, um seine Wiederwahl zittern muss, war die Liste Mussolinis am Wochenende von der Teilnahme an den Wahlen ausgeschlossen worden, weil es bei ihren Unterstützungsunterschriften zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein soll. Alessandra Mussolini warf daraufhin ihrem ehemaligen Parteikollegen Storace einen "Wahlputsch a la Ceausescu" vor und kündigte einen Hungerstreik an, um doch noch zur Wahl antreten zu können. Storace konterte: "Es ist seltsam, dass mich gerade Alessandra Mussolini mit einem Diktator vergleicht" und fügte hinzu: "Ihr Großvater würde ihr eine Ohrfeige geben".

Auch der Hungerstreik der blondierten Mussolini-Enkelin führte zu hämischen Kommentaren ihrer ehemaligen Parteifreunde - Mussolini hatte die Alleanza Nazionale verlassen, als sich diese Partei von ihrem faschistischen Erbe verabschiedet hatte. "Ich habe Alessandra im Fernsehen ein wenig nervös und übergewichtig gesehen, der Hungerstreik könnte ihr guttun", höhnte Telekommunikationsminister Maurizio Gasparri und Landwirtschaftsminister Giovanni Alemanno stimmte ihm zu. Francesco Storace legte noch einen Gang zu: "Wenn sie ihren Hungerstreik so anlegt, wie ihre Sammlung gefälschter Unterschriften, riskiert sie zuzunehmen".

Die Affäre um angeblich gefälschte Unterstützungsunterschriften breitet sich inzwischen wie ein Ölfleck über ganz Italien aus. Auch in den Regionen Lombardei, Toskana und Ligurien, sowie in Piemont sind von den Staatsanwaltschaften einschlägige Untersuchungen eingeleitet worden. Neben Mussolinis Liste stehen die Kleinparteien Lega Padana, die Democrazia Cristiana, sowie die Gruppen "Nein zu den Eurobankiers" und "Wir Pensionisten" im Verdacht, bei der Einholung von Unterstützungsunterschriften Unregelmäßigkeiten begangen zu haben.