Nach Ostern droht Ministerpräsidentin Abwahl. | Vier abtrünnige Mandatare werden zum Zünglein an der Waage. | Bratislava. Die Mitte-Rechts-Koalition in der Slowakei ist möglicherweise schon bald Geschichte. Ministerpräsidentin Iveta Radicova soll sich in der kommenden Woche einem Misstrauensvotum stellen, auf das ihr sozialdemokratischer Amtsvorgänger Robert Fico pocht. Dessen Chancen stehen dabei gut. Die Opposition verfügt über 71 Sitze von 150 Mandaten im Nationalrat.
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Fico kann sogar damit rechnen, dass einige Koalitionsabgeordnete nicht für Radicova stimmen, allen voran die vier Mandatsträger der "Gewöhnlichen Leute". Aus ihrer Sicht "unterscheidet sich die Koalition in keiner Weise mehr positiv von der Regierung Fico".
Der Auslöser für die Kraftprobe erscheint banal. Miroslav Mikulcik, Generaldirektor der Finanzämter, hatte das Gebäude des Finanzamts in Kosice für rund 6,6 Millionen Euro an die Nitra Invest vermietet. Deren Geschäftsführer Ondrej Skurka ist Vorsitzender der wirtschaftsliberalen SDKU-DS im Bezirk Nitra. Diese Partei wiederum ist die stärkste Regierungsfraktion.
Nach Bekanntwerden der Transaktion verlangte die Ministerpräsidentin, dass Mikulcik unverzüglich von ihrem Parteifreund und Finanzminister Ivan Miklos abberufen werde. Der weigerte sich unter Berufung auf seine Entscheidungskompetenz innerhalb des Ressorts. Dabei erhielt er Schützenhilfe von Parteichef und Außenminister Mikulas Dzurinda. Oppositionschef Fico forderte unterdessen ein Misstrauensvotum, weil Radicova gegen Miklos nicht hart genug durchgegriffen habe.
Am gestrigen Mittwoch legte Mikulcik sein Amt doch nieder. Er wolle nicht zwischen Radicova und Miklos stehen. Zuvor war Radicova wegen des Streits mit Miklos einer Kabinettssitzung ferngeblieben, angeblich drohte sie sogar mit Rücktritt, weil sie keine "intransparente Ministerriege" zu führen gedenke. Dabei verhandelte das Kabinett über nichts Geringeres als die Festschreibung aller bis zum Ende der Legislaturperiode geplanten Reformen. Dass darüber in Abwesenheit der Ministerpräsidentin beraten wurde, ist bezeichnend für die systematische Schwächung Radicovas, an der Fico wie auch ein Großteil der Führungsriege der SDKU-DS spätestens seit Ende des Vorjahres unverhohlen arbeiten.
Herber Rückschlag
Damals hatte sich Radicova nicht bei der Wahl eines neuen Generalstaatsanwalts durchsetzen können. Er sollte Dobroslav Trnka ablösen, der aus Sicht Radicovas allzu oft untätig geblieben war. Im Parlament erhielt Trnka nicht genügend Stimmen. Der Nationalrat konnte sich aber auch nicht auf einen Nachfolger verständigen, da einige Koalitionsabgeordnete für Trnka votierten. Der zog danach vors Verfassungsgericht.
Das entschied nun, dass die Wahl des Generalstaatsanwalts wiederholt werden muss. Aus Sicht von Beobachtern ist das der bisher heftigste Rückschlag für Radicova, zumal sie die "Rückkehr zu rechtsstaatlichen Prinzipien" zur vordringlichen Aufgabe erklärt hat.