"Sanieren, wo Sanierung möglich". | Betroffene Firmen reagieren zu spät. | Wien. "Weg vom Zerschlagungsrecht, hin zum Sanierungsrecht", forderte Christoph Leitl, Präsident der Wirtschaftskammer, und Professor Leo Chini von der WU Wien ergänzte: "Neugründungen sind zehnmal so teuer und dreimal so riskant wie Sanierungen."
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Bei der Podiumsdiskussion "Unternehmen in der Krise" am Montag im Haus der Wirtschaftskammer waren sich die Diskutanten einig, dass das österreichische Insolvenzrecht nicht mehr zeitgemäß ist. Nur mehr ein Prozent der Verfahren enden mit einem Ausgleich, 99 mit einem Konkurs, also der totalen Zerschlagung des insolventen Betriebes. Allein 2005 waren über 7000 Betriebe von Insolvenz betroffen.
Anwalt Herbert Hochegger sieht das amerikanische Verfahren nach Chapter 11 als Vorbild für ein modernes Sanierungsrecht, wie das Insolvenzrecht in Zukunft genannt werden soll: "In den USA liegt die Erfolgsquote bei 80 Prozent." Der Vorteil des Chapter 11 liegt vor allem darin, dass das angeschlagene Unternehmen vor seinen Gläubigern geschützt wird und damit leichter eine Restrukturierung beginnen kann. Außerdem gibt es in den USA kaum Masseverwalter, die Manager dürfen den Betrieb eigenverantwortlich weiterführen. Nur in Einzelfällen würden Richter eingreifen, etwa bei Verdacht des Missbrauchs.
Hilferuf kommt zu spät
Im Gegensatz zu Österreich erfolgt in den USA eine Schuldenumwandlung, also die Umwandlung einer Forderung in eine Beteiligung. Die Schuldenentlastung ist das zentrale Element. Weiters gibt es keine Mindestquoten für Ausgleiche und das persönliche Unternehmerrisiko ist geringer. Nach einer Insolvenz besteht in der Regel Schuldenfreiheit und der Unternehmer ist nicht stigmatisiert. Für Hans-Georg Kantner vom Kreditschutzverband von 1870 liegt das zentrale Problem jedoch darin, dass sich die meisten Unternehmer erst dann an einen Anwalt oder Unternehmensberater wenden, wenn es bereits zu spät ist. So verfügen die Firmen zum Zeitpunkt der Insolvenz oftmals nur mehr über eine sehr geringe Eigenkapitalquote. Nur mit viel Vertrauen der Gläubiger und weiteren Finanzmitteln könnten diese Betriebe den Umschwung schaffen.
Risikokapital fehlt
Chini dazu: "In Österreich gibt es 350 Milliarden Euro Volksvermögen. Es braucht gesetzliche, steuerliche Anreize, das Geld als dringend benötigtes Risikokapital zur Verfügung zu stellen."