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Charmante Gewalt

Von Francesco Campagner

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Als der ORF zum Start des Kino-Remakes von "Mit Schirm, Charme und Melone" zwei alte Folgen der britischen Krimi-Serie zeigte, bekam ich sogleich Appetit auf eine ordentliche Dosis an Steed-&-Peel-

Humor. Doch um zu diesem Vergnügen zu gelangen, mußte ich zum deutschen Privat-TV wechseln. Sat.1 zeigt bereits seit etlichen Wochen die alten Filme, in der Nacht auf Donnerstag jeweils die

Schwarzweißproduktionen, am Samstag vormittag die Farbversionen. Die Serie, die in den Sechzigern gedreht wurde, wirkt auch in den Neunzigern noch lebendig und teilweise avantgardistisch. Einzig die

riesengroßen Computer muten in Zeiten der Lap- und Palmtops wie Relikte aus der Steinzeit an. Die teils absurden Situationen, in die die Helden geraten, findet man in zeitgenössischen Serien nicht

mehr. Bei Rex & Co. ist heutzutage Realitätsnähe gefragt.

Leichen gibt es jedoch auch bei den "Avengers", so der Originaltitel von "Mit Schirm, Charme und Melone", en masse. Da werden Leute erschossen, erstochen und erstickt, in Beton verpackt, mit einem

kräftigen Regenguß ertränkt oder schlicht vergiftet. Mit welchem Zeichen wohl der ORF in Zukunft bei dieser Serie vor Gewalt warnen würde? Im Vormittagsprogramm hätte sie wohl keine Chance, da hüpfen

statt dessen tagtäglich jugend- und gewaltfrei Silikon-Girls Strände entlang, um unbedarfte Bodybuilder-Jungs aus den Klauen des Meeres zu befreien.