Zum Hauptinhalt springen

Charta ist politisches Signal

Von Heike Hausensteiner

Europaarchiv

Morgen wird die Charta der EU-Grundrechte proklamiert. Rechtlich zwar nicht verbindlich, hat das Zustandekommen der Charta dennoch große politische Signalwirkung. Die vorliegende Fassung ist ein erster Kompromiss der EU-Staaten.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 23 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

"Damit hat die EU ein Dokument mehr", stellt Heinrich Neisser lakonisch fest. Aber es handle sich immerhin um eine gemeinsame politische Deklaration, meint der nunmehr ehemalige Beauftragte des Bundeskanzlers im Konvent, der die Charta ausarbeitete. Die Diskussion über die Grundrechte Europas begann Mitte der 90er Jahre. "Jede Organisation, die auf sich hält, braucht Grundrechte", so Neisser. Der Vertrag von Maastricht 1998 war das Signal, dass die EU auch eine politische Union werden sollte. Die Grundrechte erstmals in einer Charta festzuhalten, wurde beim EU-Rat in Köln 1999 beschlossen. Im Oktober darauf fiel in Finnland der Beschluss zum Konvent. Auch die Zusammensetzung des Gremiums sieht Neisser als Novum. Vertreten waren neben Beauftragten der Regierungschefs und der Nationalparlamente das EU-Parlament und die Kommission, um dem

Konvent eine "gemischte Legitimation" zu geben. Das Subsidiaritätsprinzip und der Hinweis auf die nationale Rechtsordnung zeige den Kompromiss, der mit der Charta erzielt wurde.

So habe etwa Frankreich unter Berufung auf den verfassungsrechtlich verankerten Laizismus die Formulierung "religiöse Vielfalt" abgelehnt. Im französischen Text heißt nun "spirituell", was im Deutschen "geistig-religiös" ist.

Die Grundrechte sollten in eine EU-Verfassung münden. Wenn auch rechtlich inhomogen, werde man dennoch nach der rechtlichen Anwendbarkeit fragen müssen, bilanziert Neisser. Der Beitritt zur Menschenrechtskonvention könnte aus Prestige-Gründen vereitelt werden.