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Chavez schon vor der Wahl im Siegestaumel

Von Alexander U. Mathé

Politik
Chavez kann jetzt schon jubeln: Der Sieg ist ihm gewiss, die Zwei-Drittel-Mehrheit eine Herausforderung. Foto: reut

Präsident kämpft mit seiner Partei um Zwei-Drittel-Mehrheit. | Opposition prangert schlechte Wirtschaft an. | Caracas/Wien. Diesmal wird in Venezuela die Opposition dabei sein. Die letzten Parlamentswahlen im Jahr 2005 hat sie noch boykottiert. Das brachte eine rekordträchtige Stimmenthaltung von 75 Prozent der Wahlberechtigten, allerdings auch die Alleinherrschaft für Präsident Hugo Chavez und seine PSUV. Doch gesiegt hätte die Vereinigte Sozialistische Partei ohnedies, war sich die Opposition sicher; zu groß die Übermacht durch Unterdrückung und ein ausgeklügeltes Wahlsystem. | Erzbischof von Caracas zieht gegen Machthaber ins Feld


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Das wird bei den Parlamentswahlen am Sonntag nicht anders sein, sind sich alle Experten einig. Trotzdem wird die Opposition diesmal Front gegen Chavez machen und versuchen, die Freude an seinem Sieg zumindest dadurch zu trüben, dass sie eine Zwei-Drittel-Mehrheit der PSUV verhindert.

Die braucht der Linkspopulist, um weiterhin problemlos einschneidende Änderungen in Staat und Verfassung durchzusetzen. Etwa die stets beliebten (Zwangs-)Verstaatlichungen oder die eigenmächtige Besetzung von Schlüsselpositionen wie den Generalstaatsanwalt oder die Mitglieder des Obersten Gerichtshofs. Doch das sind nur Puzzleteile im großen Bild, das Hugo Chavez vorschwebt: dem Sozialismus des 21. Jahrhunderts, wie er seine Vision einer Staatsform nennt, zu der ihn sein Vorbild Fidel Castro auf Kuba inspiriert hat.

"Nicht weniger als zwei Drittel im Parlament", tönte Chavez im Vorfeld der Wahl mit seinen Zielen. "Nur so können wir den friedvollen demokratischen Übergang von unserem Venezuela hin zu einem Sozialismus sicherstellen, der auf einer Linie ist mit den Positionen des Heilands Jesus Christus und den edlen Zielen von Simon Bolivar", sagte der Präsident. - Der Freiheitsheld Bolivar, unter dem der nördliche Teil Südamerikas befreit und geeint wurde, ist ein weiteres Vorbild von Chavez.

Große Medienkontrolle der Regierung

Die Ausgangssituation für Chavez ist denkbar günstig, denn fast alle Fernsehsender stehen unter Kontrolle der Regierung. Während dort offensichtlich die Zensur Einzug hielt, wurde unabhängigen Medien das Leben so schwer wie möglich gemacht. Eigentümer von Medienfirmen wurden mit juristischen Attacken eingeschüchtert, 2007 erhielt der Fernsehkanal RCTV keine Senderechte mehr. Im Gegenzug stiegen die Ausgaben für Regierungspropaganda. Oppositionskandidaten haben es somit besonders schwer, ihre Bekanntheitswerte zu steigern.

Vorteilhaft für Chavez ist auch die Einteilung der Wahlbezirke, die von dem von ihm kontrollierten Wahlausschuss vorgenommen wurde. Durch sie werden Siege der Opposition gelinde gesagt erschwert. Denn so mancher Staat, in dem die Unterstützung für Chavez besonders hoch ist, genießt eine viel größere Repräsentanz im Parlament als Staaten, die gegen Chavez sind. Das würde es Chavez erlauben, auch im Falle einer Gegnermehrheit in absoluten Zahlen an der Macht zu bleiben.

Ein Abgeordneter im dünn besiedelten Pro-Chavez-Staat Amazonas benötigt beispielsweise lediglich 20.000 Stimmen für den Sieg, während sein Kollege im dicht besiedelten Anti--Chavez-Staat Zulaia fast 400.000 Stimmen braucht.

Schlechte Wirtschaft trotz Erdölreichtums

Glaubt man den Umfragen des regierungsnahen Instituts GIS XXI, wird es aber gar nicht soweit kommen. Laut ihm können die Chavez-Verbündeten mit einem Stimmenanteil von 50,6 bis 54,6 Prozent rechnen. Das will die Opposition allen Widrigkeiten zum Trotz verhindern. Denn ihr zufolge richtet Chavez Venezuela zugrunde: Gegner würden unterdrückt und die Wirtschaft gegen den Willen des Volkes an das kubanische System angepasst, das schon auf der Karibik-Insel nicht funktioniere. Damit sei ein ökonomischer Absturz garantiert. Tatsächlich weist Venezuela derzeit trotz Erdöl-Reichtums eine der schlechtesten Wirtschaftsleistungen Südamerikas auf, kratzt mit seiner Inflation an der 30-Prozent-Marke und ist in steigendem Maße von Lebensmittelknappheit betroffen. Nebenbei führt Chavez Konfrontationskurs mit den USA zu einer wachsenden internationalen Isolierung Venezuelas.

Noch schöpft die Opposition Hoffnung, denn abseits der regierungsnahen Meinungsforscher hat eine Umfrage des in Caracas ansässigen Instituts Hinterlaces ergeben, dass 34 Prozent der Venezolaner für Oppositionskandidaten stimmen wollen, 32 Prozent für Chavez und 23 Prozent für niemanden.

Doch selbst wenn es mit der Zwei-Drittel-Mehrheit nicht klappen sollte, bleibt Chavez noch ein Plan B. Mit Zustimmung von Drei-Fünfteln der Abgeordneten hätte er die Möglichkeit, via Eildekret das Parlament zu umgehen.

So oder so wird er mit allen Mitteln versuchen, seinen Sozialismus auch künftig durchzuboxen. Er hat erklärt, dass man dessen Sieg verteidigen müsse: "Wir sind Soldaten im Kampf um die letzte Offensive."

Wahlsplitter

Hauptpreis Brust-OP:

Mit einer eher ungewöhnlichen Lotterie sammelt ein venezolanischer Politiker Geld für seinen Wahlkampf: Hauptpreis ist eine Brustvergrößerung. Die Lose verkauft Gustavo Rojas, der bei der Parlamentswahl am 26. September antritt, für umgerechnet je knapp fünf Euro. Rojas räumte ein, dass seine Spendenaktion zwar etwas ungewöhnlich sei. Er erklärte aber zugleich, seine Art der Wahlkampffinanzierung sei auch nichts anderes, als Fernseher oder Telefone zu verlosen.

Chavez verzichtet auf TV: Obwohl sonst im Fernsehen omnipräsent, verzichtet Venezuelas Staatschef Hugo Chavez bis Oktober auf seine sonntäglichen Auftritte im Rundfunk. Die TV-Sendung "Hallo Präsident" werde bis nach der Parlamentswahl am 26. September nicht ausgestrahlt, teilte das Informationsministerium am Samstag mit. Der Präsident wolle mit seiner Entscheidung die Wahlgesetze respektieren. Chavez ist üblicherweise an mehreren Tagen pro Woche im Rundfunk präsent.

Armee sichert Strom:

Angesichts der häufigen Stromausfälle in Venezuela sollen Sicherheitskräfte und Armeeangehörige für die Gewährleistung der Stromversorgung während des Urnengangs sorgen. Die staatliche Elektrizitätsgesellschaft beschloss zudem, während der Wahlen rund 300 Generatoren und geschultes Personal für die Abstimmungslokale bereitzustellen. Außerdem wurde der Zugang zu einem Ausflugsgebiet, in dem sich Telekommunikationseinrichtungen befinden, eingeschränkt.