Chef kann bei mangelnder Kontrolle zu Schadenersatz verpflichtet werden. | Bei Geldnot muss Firma rasch handeln. | Wien. Gilt es schon bei ruhiger Wirtschaftslage auf alles Mögliche zu achten, stellen Krisen das Management einer Kapitalgesellschaft manchmal auf eine harte Probe. Geschäftsführer sollten nun vorausblickend und entschlossen handeln.
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Wenn es rundherum kriselt, trägt die "Gesellschaft mit beschränkter Haftung" ihren Namen oft zu Unrecht. Geben die Verantwortlichen nicht Acht, kommt es nämlich schnell zu grenzenlosen Haftungen - etwa für Vermögensschäden Dritter. Die Haftungsfolgen bedrohen die Gesellschaft, insbesondere aber deren Bosse. Ihnen schreibt nämlich das GmbH-Gesetz vor, den Sorgfaltsgrundsatz ordentlicher Geschäftsleute peinlich genau einzuhalten. Und wo Schaden entsteht, suchen die Behörden und Gerichte oft einen Schuldigen, um ihn zu Schadenersatz zu verpflichten.
Nicht erst Bilanzskandale und Weltfinanzkrise haben erwiesen, wie wichtig funktionierende interne Kontrollsysteme - kurz IKS - sind. Darunter versteht man interne Regeln, die ein Unternehmen vor Verlusten bewahren und die Effizienz erhöhen sollen. Je komplexer die Geschäftstätigkeit, je rascher sich das Umfeld ändert und je spitzfindiger der gesetzliche Rahmen wird, desto deutlicher zeigt sich: Ohne intaktes IKS kann kein Unternehmen erfolgreich sein. Ein professionelles IKS stellt sicher, dass Informationen rasch, zuverlässig, transparent und vollständig fließen, Geschäftsprozesse effizient abgewickelt werden und die Kompetenzen klar geregelt sind. Außerdem wird darauf geachtet, dass das Unternehmen die Rahmenbedingungen einhält sowie Störfällen und Verlusten vorgebeugt wird. Die Verantwortung für die Einrichtung eines funktionierenden IKS trägt der Geschäftsführer. Wenn mangelhafte Kontrollmechanismen Schäden verursachen, droht ihm der Prozess. Insgesamt gilt in Sachen IKS häufig der Grundsatz "weniger ist mehr". Das bedeutet: Passen Sie Ihr Kontrollsystem an die Unternehmensgröße und die individuelle Situation an. Denn das beste theoretische Konzept nützt nichts, wenn es in der alltäglichen Praxis nicht umsetzbar ist.
Liquidität: Wann einUnternehmen kracht
Ein wesentlicher Gradmesser für den Zustand einer Gesellschaft ist ihre Liquidität. Ab wann die Lage dramatisch wird, legt das Unternehmensreorganisationsgesetz (URG) relativ genau fest. Demnach ist ein Unternehmen in der Krise, wenn die Eigenmittelquote unter acht Prozent und die Schuldentilgungsdauer über 15 Jahren liegt.
In einem solchen Fall heißt es rasch handeln. Bei einem Zögern droht den verantwortlichen Organen einer prüfpflichtigen Gesellschaft eine persönliche Haftung, die bis zu 100.000 Euro ausmachen kann.
Das Insolvenzrecht unterscheidet zwei Tatbestände: Eine redliche wirtschaftliche Geschäftsführung vorausgesetzt, wird der dauernde Mangel an flüssigen Mitteln als Zahlungsunfähigkeit bezeichnet, sofern die erforderliche Liquidität auch nicht "alsbald" erreicht werden kann. Unter "alsbald" versteht der Oberste Gerichtshof "innerhalb möglichst kurzer, den Gläubigern gerade noch zumutbarer Frist".
Überschuldung bedeutet, dass die Verbindlichkeiten (einschließlich Rückstellungen) die aktiven Vermögenswerte übersteigen, jeweils zu tatsächlichen Marktpreisen bewertet. Von der insolvenzrechtlichen ist wiederum die bloß buchmäßige Überschuldung zu unterscheiden. Letztere ergibt ebenfalls ein negatives Eigenkapital in der Bilanz, aber die dort nicht ausgewiesenen stillen Reserven oder zukünftige Einnah-
menüberschüsse decken das bilanzmäßige Minus ab.
Eine Gesellschaft zeigt sich daher buchmäßig überschuldet, bevor sie es insolvenzrechtlich ist. Denn die stillen Reserven sind in der Bilanz nicht ersichtlich. Falls das Eigenkapital in der Bilanz buchmäßig negativ ist, muss die Geschäftsführung eine "Fortbestehensprognose" erstellen und im Anhang zum Jahresabschluss erläutern. Eine solche Prognose setzt eine seriöse Planungsrechnung voraus, nach der das Unternehmen mit hoher Wahrscheinlichkeit über die nächsten zwölf Monate kommt.
Es drohen straf- und zivilrechtliche Sanktionen, wenn Gesetze nicht eingehalten werden. Ist eine Gesellschaft zahlungsunfähig und/oder insolvenzrechtlich überschuldet, muss die Insolvenz gerichtlich angemeldet werden. Die verantwortlichen Organe haben dafür maximal 60 Tage Zeit.
Erich Wolf ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Wien.