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Gute Argumente sind die halbe Miete. | Gehaltserhöhung als Investition für das Unternehmen. | Wien. Anna hat genug. Zwei Jahre arbeitet sie nun schon in ihrem Unternehmen, hat Projekte und Verantwortung übernommen. Doch ihr Eifer bleibt unbelohnt, das Gehalt stagniert. Heute soll sich alles ändern: Sie beschließt, die Gehaltserhöhung einzufordern. Doch dann geht alles schief. Der Chef fühlt sich überfallen, hört sich ihr verzweifeltes Plädoyer an - und weist ihr Ansuchen zurück. Anna weiß, das hätte sie besser machen können. Bloß wie?
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Karriereberater sind sich einig: Eine Gehaltsverhandlung will gut geplant sein. Der erste Schritt dazu ist das Beziffern des eigenen Arbeitswertes. Und zwar mit Hilfe des persönlichen Umfeldes. "Ich sollte auf die Auskünfte von Bekannten vertrauen. Indem ich Studienkollegen oder Freunde auf ihre Löhne anspreche, kann ich ein Gefühl für den Wert meiner Leistung entwickeln", empfiehlt Martin Wehrle, Gehaltscoach und Autor des Ratgebers "Geheime Tricks für mehr Gehalt".
Stichhaltige Argumente statt Plattitüden
Sobald man seine Vorstellung beziffern kann, geht es an die eigentliche Vorbereitung. Für eine erfolgreiche Gehaltsverhandlung bedarf es guter Argumente. "Ich sollte mich inhaltlich vorbereiten, indem ich hervorkehre, welchen Mehrwert ich dem Unternehmen durch meine Arbeit verschafft habe", erläutert Christoph Stieg, Geschäftsführer des Coachingunternehmens Perfect Training.
"Besonders wichtig ist das Argument, dass man mehr geleistet hat, als von einem erwartet wurde. Konkret sollte man sich einige Punkte überlegen, wo man inzwischen mehr Know-how oder Verantwortung hat als früher", so Stieg.
Doch der Hinweis auf vergangene Leistungen alleine reicht nicht. Denn der Vorgesetzte soll eine Gehaltserhöhung als Investition begreifen. Hilfreich dafür: konkrete Ziele. "Man sollte Leistungen für das nächste Jahr vereinbaren. Indem ich auch damit argumentiere, was ich leisten werde, entsteht eine Verbindlichkeit für beide Seiten", sagt Stieg.
Gesprächstermine am besten im Frühling
Zur Ordnung der Argumente empfiehlt Wehrle eine Leistungsmappe: "Man notiert Leistungen auf einen Zettel, den man dann in die Verhandlung mitnimmt. So habe ich einen Leitfaden, um nichts zu vergessen, und der Chef etwas Schriftliches für Folgegespräche mit seinen Vorgesetzten.
Sind die Argumente einmal gesammelt, sollte man sich Gedanken über einen geeigneten Gesprächstermin machen. "Ein schlechter Zeitpunkt für Gehaltsverhandlungen ist ein Termin gegen Jahresende. Da kommen nämlich alle, die Etats aber sind begrenzt. Für mich könnte also nur ein kleiner oder gar kein Teil des Kuchens abfallen", warnt Wehrle, der Gehaltsverhandlungen eher zu Jahresbeginn oder im Frühjahr ansetzen würde.
Unabhängig vom Zeitpunkt des Gesprächs ist eine formale Regel: "Das Gespräch muss auf jeden Fall im Vorfeld angekündigt werden", so Stieg, der ferner erläutert: "Der Vorgesetzte muss die Gelegenheit haben, sich auf die Verhandlung vorbereiten zu können. Sonst kann es passieren, dass er das Gespräch vertagt."
Rollenspiele verhelfen zu sicherem Auftreten Rückt der Tag des Lohnkampfes näher, kann man gezielt auf die Gesprächssituation hinarbeiten. "Ich probiere meine Argumente in Rollenspielen mit Freunden oder Coaches aus: Dem Partner gibt man die Rolle des Chefs und spielt die Verhandlung durch. Dabei werde ich feststellen, dass ich immer sicherer auftrete", so Wehrle.
Entsprechend gerüstet geht man auf Augenhöhe mit dem Chef ins Gespräch. Dabei betrachtet man den Vorgesetzten stets nicht als Gegner, sondern als Partner.
An die vorbereiteten Argumente sollte man sich im Gespräch auch halten. Auf keinen Fall ist in Verhandlungen Platz für Klagen wie steigende private Kosten oder für den Hinweis darauf, dass man schon lange im Betrieb arbeitet. "Wenn ich als Chef so etwas höre, werde ich aggressiv.", warnt Stieg. Sinnvoll hingegen ist grundsätzlich einerseits zu betonen, dass man Spaß bei der Arbeit hat und andererseits für die eigene Leistung das Wort "Mehrwert" zu verwenden, wie Wehrle erläutert: "Es deutet an, dass man sich mit der Marktsituation und anderen Möglichkeiten auseinandergesetzt hat."
Sollte die Gehaltsrunde dennoch fehlschlagen, empfiehlt der Gehaltscoach, den Chef mit einer Frage festzunageln: "Was muss ich in einem halben Jahr getan und welche Ausbildungen gemacht haben, damit ich die Gehaltserhöhung bekomme?" Wenn es schon diesmal nicht geklappt hat, kann man so zumindest die Grundlage für einen künftigen Erfolg legen. Für Anna heißt es bis dahin: Erfolge sammeln, vorbereiten und nie den Mut verlieren.