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Chemiewaffen sind größeres Risiko

Von Martina Sperling

Politik

Ex-IAEO-Chef Hans Blix: Nordkorea gefährlicher als Iran. | Bei Atomkonflikt mit Teheran noch Zeit für Gespräche. | Wien. (apa) Der frühere Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO), Hans Blix, sieht ein größeres Risiko, dass Terroristen versuchen, chemische Waffen anzuwenden als nukleare. Das Risiko, dass nukleare Waffen in die Hände von Terroristen gelangten, sei nie null, aber im Gegensatz zu biologischen und nuklearen seien chemische Waffen nicht schwierig anzuwenden, meinte der frühere Chefwaffeninspektor der UNO.


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Auf die Frage, wie er die Einschätzung des US-Botschafters bei der IAEO, Gregory Schulte, beurteile, dass die USA eine iranische Nuklearwaffenkapazität ab 2010 erwarteten, meinte Blix, weder Schulte noch er selbst seien Techniker. Aber der US-Geheimdienst CIA habe vor einiger Zeit berichtet, dass der Iran frühestens in fünf bis zehn Jahren Nuklearwaffen haben könne. "Mr. Schulte hat sich offensichtlich für den kürzeren Zeitraum entschieden", so Blix.

Im Fall des Iran gibt es laut Blix noch immer Zeit für Verhandlungen. Bis jetzt habe man dort lediglich ein paar Gramm oder Milligramm Urans angereichert. Darin liege der große Unterschied zu Nordkorea: "Im Fall Nordkorea gibt es Plutonium und Bomben. Dort hat man es eilig", sagte Blix.

Zwei Massstäbe bei Nordkorea und IranMan habe den Eindruck gewonnen, dass die USA und andere Staaten bisher bei Nordkorea weniger energisch vorgegangen seien: "Erst als Nordkorea eine Atomwaffe gezündet hatte, hatten sie es plötzlich eilig." Dass die USA die Atomkonflikte mit dem Iran und Nordkorea unterschiedlich behandelten, könnte sowohl mit den Ölvorkommen im Nahen Osten als auch mit Israel zu tun haben, meinte Blix.

Hinsichtlich der Atomgespräche mit Nordkorea scheinen die Amerikaner ambivalent zu sein, so Blix. Manche Leute in Washington meinten noch immer, man solle statt dem Zuckerbrot die Peitsche verwenden. Aber er glaube, dass nun die Zuckerbrot-Familie die Oberhand hat, sagte Blix. "Das finde ich gut." Gefährlich werde es allerdings, wenn Nordkorea weiter an seinen Bomben arbeiten würde. Dies könnte Auswirkungen auf Japan und Südkorea haben: "Sollten diese Länder Kernwaffen anstreben, würde sich die Lage drastisch verändern". Bis jetzt handle es sich bei Nordkorea um ein "Spiel mit den Muskeln" um mehr "chips on the table" (Verhandlungsmasse) zu bekommen, "aber das ist ein sehr ernstes Spiel".

Auf die Frage, was er von der Ankündigung des irakischen Präsidenten Jalal Talabani halte, der Irak solle selbst die Verantwortung für seine Sicherheit übernehmen, antwortete Blix, dass dies auf lange Sicht wohl alle Staaten machen sollten. Die Frage sei vielmehr, wie lange die Amerikaner noch im Irak bleiben sollten. "Mir fällt es im Augenblick schwer, etwas Positives darin zu sehen, dass sie dort sind." Er verstehe, dass die Amerikaner versuchen wollten, die Lage im Irak zu stabilisieren, aber man bezweifle wohl, dass ihre Anwesenheit dort wirklich etwas bedeute.

In wieweit der Iran im Irak involviert sei und ob er die dortigen Schiiten mit Waffen versehe, sei schwer abzuschätzen, meinte Blix, der es aber merkwürdig findet, dass man den Iran von westlicher Seite einerseits um Hilfe bitte und zugleich bei dessen Nuklearprogramm Druck auf ihn ausübe. "Das passt irgendwie nicht richtig zusammen."