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OECD-Beitritte oft politisch motiviert. | Santiago punktet mit stabiler Wirtschaftspolitik. | Santiagode Chile/Wien. Am Montag, den 11. Jänner, ist es nach zweijähriger Verhandlung soweit: Chile unterzeichnet den Beitrittsvertrag zur Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, kurz OECD, und wird deren 31.Mitgliedsland. Damit ist Chile nach Mexiko das zweite Land Lateinamerikas, das den Sprung in den sogenannten Klub der Reichen geschafft hat. Denn die OECD sieht sich als Plattform der Länder der westlichen Welt, bei denen Studien und Tipps untereinander ausgetauscht werden. Wenngleich die Ideen keine rechtliche Bindung in den Mitgliedsländern haben, so ist der Grundgedanke der, dass sich wirtschaftlich starke Länder global auf gemeinsame Spielregeln verständigen.
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"Wenn man im engeren Kreis ist, kann man auf die Arbeit und Expertise der OECD zurückgreifen und mitgestalten", so OECD-Sprecher Matthias Rumpf. Derzeit umfasst die Organisation 30 Mitglieder, wovon die Weltbank 27 als Länder mit hohem Einkommen qualifiziert. Denn die OECD besteht traditionell vor allem aus westeuropäischen Ländern sowie den USA, Kanada und Australien.
Mexiko im US-Schlepptau
Im Jahr 1994 kam es allerdings zum ersten Bruch: Mexiko wurde OECD-Mitglied. Ausschlaggebend für das mittelamerikanische Land war aber nicht so sehr die Tatsache, dass die Gesetze damals westliche Standards erreichten, sondern der Schlepptau der USA: Im selben Jahr wurde nämlich die Nafta gegründet - das Nordamerikanische Freihandelsabkommen umfasst neben den USA auch Kanada und Mexiko. Es gilt das ungeschriebene Gesetz: Ist man erst in dem einen Klub, kommt man auch in den anderen rein.
Mit den großen Schwellenländern wie China, Indien, Indonesien, Brasilien und Südafrika gibt es immerhin offiziell eine "verstärkte Zusammenarbeit".
Außer im Fall Chiles spielen bei allen anderen OECD-Beitrittskandidaten für das Jahr 2010 vor allem politische Überlegungen eine Rolle. Auf der Kandidaten-Liste stehen Slowenien, Estland und Israel. Die beiden europäischen Länder sollen in die OECD, da sie nun EU-Mitgliedstaaten sind und man innerhalb des europäischen Staatenbundes nicht mit zweierlei Maß messen will.
Dagegen wird der Beitritt Israels, so hört man, stark von den USA befürwortet, um das Land aus seiner Isolation innerhalb der UNO zu befreien. Russland war zwar aufgrund der im Westen gelobten Reformen in der Jelzin-Ära zu Beitrittsverhandlungen eingeladen worden, in der Zwischenzeit gilt das Land aufgrund der geänderten politischen Lage nicht mehr als Kandidat für die OECD.
Chile überzeugt alleine
Chile hingegen hat den Sprung in die OECD allein geschafft. Das Land hat stabile Wirtschaftskennzahlen und trotz einer seit 20 Jahren linken Regierung eine äußerst "wirtschaftsfreundliche Politik", formuliert es Clemens Machal, österreichischer Handelsdelegierter in Santiago de Chile. Ähnlich wie Österreich musste das Land aufgrund der OECD sein Bankgeheimnis aufweichen. Staatsmonopolen wurden Transparenzregelungen auferlegt.
Für 2010 wird dem Land ein Wachstum zwischen 4 und 5 Prozent prognostiziert. Die Arbeitslosigkeit betrug im November 9,4 Prozent (zum Vergleich: in der Eurozone lag die Quote im selben Zeitraum sogar bei 10 Prozent).
Eine der Herausforderungen der künftigen chilenischen Regierung (am 17. Jänner kommt es zum zweiten Wahlgang) für 2010 ist - genau wie in Europa - die aktuellen Konjunkturpakete geordnet zurückzunehmen.
Das Preisniveau des Landes ist bereits europäisch. Genauso das Steuersystem: Die chilenische Einkommenssteuer ist progressiv, der Spitzensteuersatz beträgt 40 Prozent. "Die Achillesferse des Landes sind die Gesundheitsvorsorge, der Bildungsbereich und die Abhängigkeit von Exporten", urteilt Machal. Denn Chile ist einer der größten Kupferproduzenten weltweit und versucht sich langsam vom Rohstoffsektor weg zu bewegen - hin zum Dienstleistungssektor und Tourismus als neue wirtschaftliche Größen.
Nun kommt Chile "in den Klub der 30 reichsten und am meisten entwickelten Länder der Welt. Das ist eine tolle Sache und wird hier in Chile auch so kommuniziert", sagt Machal.