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Chiles Studenten in Aufruhr

Von Rainer Mayerhofer

Politik

80 Prozent der Chilenen stehen hinter Studenten.| Alle Universitäten und ein Großteil der Schulen sind gebührenpflichtig.


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Santiago de Chile. Zehntausende Demonstranten - allein in der Hauptstadt Santiago de Chile waren es 100.000 - gingen am Dienstag in mehreren Städten Chiles auf die Straßen, um gegen die Bildungspolitik der Regierung zu demonstrieren. Mit einer bis spät in die Nacht hinein andauernden "Cacerolada" - wie in der Endzeit der Diktatur unter Augusto Pinochet schlugen die Demonstranten mit Holzlöffeln auf die Kochtöpfe -, wurde gegen die hohen Studiengebühren protestiert, die sich breite Kreise des Mittelstandes nicht mehr leisten können. "Es muss fallen, es muss fallen, das Bildungswesen von Pinochet" skandierten die Protestierenden.

Ein Universitätsstudium kann in Chile bis zu 2000 Dollar im Monat kosten. Alle Universitäten und ein Großteil der Schulen sind gebührenpflichtig. Viele Familien und angehende Akademiker müssen sich so auf Jahre hinaus verschulden.

Die Proteste der chilenischen Studenten halten bereits seit zwei Monaten an. 80 Prozent der Chilenen stehen hinter den Anliegen der Studierenden.

Die jüngsten Protestmärsche, denen sich auch viele Lehrer und Professoren angeschlossen hatten, verliefen weitgehend friedlich. Nur eine kleine Gruppe von etwa 200 Personen, die die erlaubte Protestroute verlassen hatte und zum Regierungsgebäude vordringen wollte, lieferte sich Auseinandersetzungen mit der Polizei. Erziehungsminister Rodrigo Hinzpeter warf den Studentenführern vor, die Kontrolle über die Protestmärsche verloren zu haben.

Am Donnerstag der Vorwoche war es zu schweren Ausschreitungen gekommen, als Militärpolizei den Marsch der Studenten zur Alameda-Straße, der Hauptstraße der Metropole mit Tränengas, Wasserwerfern und berittenen Truppen zu stoppen versuchte. 874 Studenten und Schüler waren festgenommen worden.

Die Studentenproteste haben in Chile zu einer Mobilisierung der Bevölkerung geführt, wie es sie seit Jahrzehnten nicht mehr gab. Gleichzeitig ist die Popularität des konservativen Präsidenten Sebastian Pinera mit nur 26 Prozent auf einem absoluten Tiefpunkt angelangt.