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China bestimmt die Spielregeln - das wird sich nicht so rasch ändern

Von Hermann Sileitsch

Analysen

Pekings Wirtschaftspolitik folgt einer klaren Linie: Gut ist, was China nützt. Hoffnungen, das wirtschaftlich längst zur Weltmacht avancierte Schwellenland werde sich auch seiner globalen Verantwortung bewusst, haben sich bisher nicht bewahrheitet. Peking war freilich auch nicht darauf angewiesen, Entgegenkommen zu zeigen.


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Jetzt hoffen einige europäische Regierungschefs, über ein Druckmittel zu verfügen: China ist zwar längst Mitglied der Welthandelsorganisation WTO, schielt aber auf den Status einer Marktwirtschaft, weil damit große Handelsvorteile verbunden wären. Allzu große Hoffnungen sollten sich die Europäer allerdings nicht machen. Erstens fällt der Status China spätestens 2016 automatisch zu. Und zweitens hat China Trümpfe im Talon, die überall stechen: unfassbare Währungsreserven, ungebrochenen Investitionsbedarf und einzigartiges Wachstum. Lehnen sich die USA im Währungsstreit zu sehr aus dem Fenster, lassen sich die Chinesen von Europa hofieren - und umgekehrt.

Daneben verfolgen sie unbehelligt ihre Eigeninteressen. Dass die Volksrepublik die Währung Renminbi unterbewertet hält und so ihre Exporte begünstigt, ist längst nicht das einzige Feld, wo sich Peking Wettbewerbsvorteile verschafft. Europäische Unternehmen wissen ein Lied von der Ungleichbehandlung zu singen: Wegen Ausfuhrbeschränkungen und teuren Exportlizenzen müssen sie in China drei Mal so hohe Kosten kalkulieren wie einheimische Unternehmen.

Der saloppe Umgang mit fremden Patenten, ausländischem Know-how und Daten gehört längst zur chinesischen Folklore.

Und auch die Rohstoffpolitik ist überaus konsequent: Die Asiaten haben vor langer Zeit erkannt, dass sie einen unermesslichen Schatz besitzen, zugleich aber eine Achillesferse haben. China verfügt fast über eine Monopolstellung bei wichtigen Metallen, sogenannten Seltenen Erden, die unverzichtbar für fast alle Wachstumsbranchen sind; von Telekom über Automobil bis zu Elektronik. Peking drosselt die Ausfuhr nach Belieben, zwingt damit ausländische Unternehmen, im Land zu produzieren, und diktiert die Preise.

Die Schwachstelle ist der eigene Rohstoffbedarf. Deshalb sichert sich China global den Zugriff auf Ressourcen: von der Landnahme in Afrika bis zum Aufkaufen von Schrott in Europa. In der Klimapolitik steht China auf der Bremse, weil selbst minimale Zugeständnisse gewaltige Kosten verursachen würden.

Andererseits: Warum sollte China anders agieren als die Vereinigten Staaten? Die USA haben sich noch selten beklagt, dass ihnen der Dollar als Weltleitwährung unermessliche Wettbewerbsvorteile bringt. Die USA haben nicht vor, ein Klimaabkommen zu unterzeichnen, das den Namen verdient. Und sie sind ebenso rasch mit Strafzöllen zur Hand.

Siehe auch:Europa und Asien suchen nach Gemeinsamkeiten

+++ Erstmals Klimakonferenz in China: Dringlichkeitsappelle in Tianjin