Stealth-Fighter soll noch im Jänner einen Testflug absolvieren. | China will den USA militärisch Konkurrenz machen. | Peking/Wien. Die Nachricht kam wohl nicht zufällig kurz vor dem Besuch von US-Verteidigungsminister Robert Gates in Peking am Sonntag. Mit der Ankündigung, noch im Jänner ein neues Tarnkappenflugzeug zu testen, demonstriert China Stärke, wenn es um die Wiederaufnahme der eingefrorenen militärischen Konsultationen zwischen beiden Staaten geht.
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Seit acht Jahren arbeiten die chinesischen Ingenieure an einem Flugzeug ähnlich dem US-Kampfjet Lockheed F-22 Raptor, das über die Stealth-Technologie verfügt, das heißt für die Radarerfassung unsichtbar bleibt. Nun soll der Vogel, ein wenig größer angelegt als die F-22, schneller als erwartet flugfähig sein. Das Flugzeug, das nun unter dem Kürzel J-20 firmiert, soll nach den Plänen Chinas angeblich 2017 in Dienst gestellt werden.
Neue Waffensysteme
Experten stellen diesen Zeitplan allerdings in Frage und sprechen von 10 bis
15 Jahren, bis die Chinesen an die Qualität der F-22 herankommen können. Das Pentagon zeigt sich offiziell gleichfalls nicht beunruhigt über dieses "Kampfflugzeug der fünften Generation" - "es gibt offene Fragen beim Triebwerk und ähnliche Dinge", meint dazu ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums. Tatsächlich wäre die J-20 mit dem bisher stärksten Triebwerk der chinesischen Luftwaffe deutlich untermotorisiert gegenüber der F-22.
Dennoch bereitet die Aufrüstung der Volksbefreiungsarmee den USA Sorgen. Dabei geht es nicht nur um den Tarnkappen-Jet, der vermutlich schwerere Waffen als die F-22 tragen und in der Luft aufgetankt werden kann. Kürzlich alarmierte US-Admiral Robert Willard, Kommandeur der Pazifik-Streitkräfte, die Öffentlichkeit: Eine weiterentwickelte Anti-Schiff-Rakete, die Dongfeng 21D, sei mit einer Reichweite von 3000 Kilometern imstande, Flugzeugträger anzugreifen - jenen Schiffstyp, auf dem die militärische Dominanz der USA in der Region beruht. Navy-Experten beruhigten wenig später, dass die neue Rakete zwar entwickelt, aber noch nie getestet worden sei. Daneben arbeiten die Chinesen an einem eigenen Flugzeugträger, der 2020 vom Stapel laufen könnte. Gleichzeitig wird die U-Boot-Flotte ausgebaut.
Das sind Waffensysteme, die nicht unbedingt defensiven Charakter haben, auch wenn die Führung in Peking ihre Rüstungsanstrengungen stets so bezeichnet. Die meisten Beobachter gehen daher davon aus, dass China seine Streitkräfte zunehmend zu einer regionalen Macht ausbauen und damit die bisherige Vorherrschaft der Amerikaner im asiatischen Raum brechen will.
Dabei geht es nicht um ein mögliches Kriegsszenario. China investiert immer noch weit weniger in die Rüstung als die USA. Und technologisch hinkt man weiter hinter der Konkurrenz hinterher. Aber in Zeiten der Wirtschaftskrise muss das US-Militär sparen. So hat Präsident Barack Obama die Aufstockung der F-22-Bestände gestoppt, weil das teuerste Kampfflugzeug der Welt in den aktuellen Bedrohungsszenarien kaum noch eine Rolle spielt - die Kosten und die Strategie veranlassen auch die Europäer, auf ein Stealth-Flugzeug zu verzichten.
Verdrängung der USA
Die chinesische Wirtschaft schwimmt hingegen weiter auf der Erfolgswelle. Das Land kann sich daher leisten, seine militärische an seine wirtschaftliche Macht heranzuführen. Manche Experten glauben daher, dass China gute Chancen hat, die USA allmählich aus dem pazifischen Raum zu verdrängen, ohne auch nur einen Schuss abzufeuern.
Die Nachbarn, die mit den Amerikanern verbündet sind, sehen diese Entwicklung mit Beunruhigung und rüsten ihrerseits auf. Japan entwickelt ein eigenes Tarnkappenflugzeug. Indien will gemeinsam mit Russland ebenfalls ein solches Modell bauen. Es beruht auf der russischen Suchoi T-50, die vor rund einem Jahr ihren ersten Testflug absolviert hat.