China teilt aber Obamas Definition universeller Menschenrechte nicht. | Größeren Flexibilität beim Yuan-Wechselkurs angedacht. | Washington. Die USA und China wollen ihre Beziehungen neu ordnen. Die beiden Staaten räumten in einer Erklärung anlässlich des US-Staatsbesuchs von Chinas Präsident Hu Jintao allerdings "bedeutende Differenzen" in der Frage der Menschenrechte ein.
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Hu war am Vormittag im Weißen Haus mit US-Präsident Barack Obama zusammengetroffen. Die Handelsbeziehungen zwischen beiden Ländern hatte beim Treffen zwischen Obama und Hu eine wesentliche Rolle gespielt. So beklagte Obama erneut, dass die chinesische Währung Yuan zum Nachteil der Amerikaner unterbewertet sei. In der Abschlusserklärung heißt es dazu, China werde weiter an einer "größeren Flexibilität beim Wechselkurs" arbeiten. Einen Durchbruch oder einen wesentlichen Fortschritt in einem der Streitpunkte gab es aber nicht. Ihre Wirtschaftsbeziehungen wollen die beiden größten Volkswirtschaften der Welt mit Handelsverträgen im Umfang von 45 Milliarden Dollar (33,3 Mrd. Euro) festigen.
Generell betonen beide Seiten in dem Kommuniqué ihre Absicht, ein "positives kooperatives und umfassendes Verhältnis für das 21. Jahrhundert aufzubauen". Zugleich bekräftigen sie ihre gegenseitige Respektierung von Souveränität und territorialer Integrität. Die USA begrüßten ein starkes und erfolgreiches China, das eine größere Rolle in Weltangelegenheiten spiele, heißt es weiter. China seinerseits hob die Rolle der USA bei der Sicherung von Frieden, Stabilität und Wohlstand in der asiatisch-pazifischen Region hervor.
China und die USA erneuern in der Erklärung weiter ihre "Verpflichtung, die Menschenrechte zu fördern und zu schützen, auch wenn sie weiterhin bedeutende Differenzen in diesen Fragen haben". Die USA betonen, dass die Förderung von Demokratie und Menschenrechten ein wichtiger Teil ihrer Außenpolitik seien. China weist darauf hin, "dass es keine Einmischung in die inneren Angelegenheiten des jeweils anderen Land geben sollte".
Obama hat seinen chinesischen Amtskollegen mit dem Fall des inhaftierten chinesischen Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo konfrontiert. Obama habe den Fall Liu zur Sprache gebracht und erneut betont, dass die Meinungsfreiheit ein universelles Recht darstelle, sagte ein hochrangiger US-Vertreter, der namentlich nicht genannt werden wollte. Obama hatte die chinesischen Behörden in der Vergangenheit wiederholt aufgerufen, Liu freizulassen. Liu war vergangenes Jahr mit dem Friedensnobelpreis geehrt worden. Bei der Verleihung im Dezember hatte ein leerer Stuhl auf das Fehlen des chinesischen Schriftstellers aufmerksam gemacht, der wegen Untergrabung der Staatsgewalt in China in Haft sitzt. Ein Jahr zuvor war Obama selbst mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden.
Beim Treffen mit Hu machte Obama deutlich, dass er zwar anerkenne, dass China ein anderes politisches System als die USA habe, er aber nicht davor zurückschrecke, die Menschenrechte anzusprechen. Hu räumte ein, dass mit Blick auf die Freiheit in China noch "viel" getan werden müsse, erklärte aber auch, dass er Obamas Definition universeller Menschenrechte nicht teile.
Der Besuch Hus sei eine Chance zu demonstrieren, "dass wir enormen Anteil am Erfolg des anderen haben", sagte Obama. Auch wenn beide Mächte auf einigen Gebieten konkurrierten, könnten sie auf anderen zusammenarbeiten. Mit offeneren Worten als noch bei seinem Peking-Besuch 2009 mahnte Obama die Einhaltung der Menschenrechte an: "Die Geschichte lehrt, dass Gesellschaften harmonischer, Nationen erfolgreicher sind und die Welt gerechter ist, wenn einschließlich der universellen Rechte des Einzelnen die Rechte und Verantwortlichkeiten aller Nationen und aller Menschen gewahrt werden."
Dialog mit Dalai Lama gefordert
Obama forderte China auch zu einem Dialog mit dem Dalai Lama auf. Die chinesische Führung lehnt dies bisher ab, weil sie dem geistlichen Oberhaupt der Tibeter separatistische Absichten vorwirft. Hu räumte ein, dass China bei den Menschenrechten noch Nachholbedarf habe. Sein Land habe zwar "enorme Fortschritte" in dieser Frage gemacht, sagte der Präsident. Es sei aber "noch viel zu tun". Konkreter äußerte sich Hu dazu nicht.
Ohne langes Zögern sprach Obama bei der Pressekonferenz nach dem Treffen auch den Währungsstreit zwischen beiden Ländern an. Der Yuan sei noch immer unterbewertet, sagte Obama. "Eine weitere Anpassung des Wechselkurses ist nötig." Hu äußerte sich aber nicht dazu. Nach einer auf der Internetseite des US-Außenministeriums veröffentlichten gemeinsamen Erklärung kamen beide Seiten aber überein, die Auswirkungen der Geldpolitik auf die Weltwirtschaft genau zu beobachten. Die USA würden aufmerksam auf exzessive Schwankungen des Dollar-Kurses achten, und China wolle die Yuan-Reform voranbringen, hieß es darin. Die USA werfen China vor, den Kurs seiner Landeswährung künstlich niedrig zu halten, um sich Vorteile im Welthandel zu verschaffen. Im Gegenzug macht die Regierung in Peking die lockere US-Geldpolitik für übermäßige Kapitalzuflüsse nach China und in andere aufstrebende Schwellenländer verantwortlich.
Überein stimmten Obama und Hu darin, dass Nordkorea im Atomstreit weitere Provokationen unterlassen müsse. China ist der einzige Verbündete der Führung in Pjöngjang. Die Weltgemeinschaft müsse klarstellen, dass Nordkoreas Atomprogramm UN-Resolutionen verletze, sagte Obama. Einig zeigten sich beide Staatschefs auch darin, dass die Sanktionen gegen den Iran vollständig umgesetzt werden müssen. US-Regierungsvertreter hatten China wiederholt vorgeworfen, nur unzureichend gegen die umstrittenen Atomprogramme der beiden Länder vorzugehen.
Bei einer Begegnung mit Firmenchefs forderte Obama faire Chancen für US-Firmen in China. Hu erhob dieselbe Forderung für chinesische Unternehmen, die in den Vereinigten Staaten aktiv sind. Beide Länder seien gewillt, ihre Differenzen auf der Grundlage der Gleichberechtigung beizulegen.
Am Rande des Treffens der Präsidenten teilte ein US-Vertreter den Abschluss von Handelsverträgen mit einem Volumen von 45 Milliarden Dollar mit. Darunter sei auch die Lieferung von 200 Flugzeugen des amerikanischen Herstellers Boeing. Dadurch würden etwa 235.000 amerikanische Arbeitsplätze gesichert. Die Vereinbarungen gelten auch als Gradmesser dafür, wie stark sich die beiden größten Volkswirtschaften im Streit um Handelsvorteile und Wechselkurse annähern können. Als ein weiteres Hemmnis im Handel sehen US-Firmen einen mangelnden Schutz des geistigen Eigentums. (APA, red)