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China hilft nicht, China investiert - das schnelle Geld für Europa bleibt aus

Von Stefan Melichar

Wirtschaft

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Es war wie ein letzter Silberstreif am Horizont: Drei Monate, bevor Griechenland Anfang Mai 2010 von den anderen Euroländern mit Milliardenhilfen vor einer Staatspleite gerettet werden musste, berichtete die "Financial Times", Athen verhandle mit China über den Kauf von Staatsanleihen im Ausmaß von 5 bis 25 Milliarden Euro. Wie die späteren Vorkommnisse zeigten, dürfte die große Finanzierung aus Fernost für den griechischen Staatshaushalt aber dann doch ausgeblieben sein (wer tatsächlich wie viele Anleihen kauft, wird nicht bekanntgegeben).

Nun berichtet ebenfalls wieder die "Financial Times", dass Italien - das mittlerweile gefährlich nahe an den Strudel der Staatsschuldenkrise geraten ist - China um Geld gebeten habe. Mittlerweile sorgen derartige Nachrichten jedoch für eher gemischte Reaktionen an den Finanzmärkten.

In den vergangenen eineinhalb Jahren hat die Führung in Peking der Eurozone als Ganzes sowie einzelnen ihrer Sorgenkinder laufend mit schönen Worten Unterstützung zugesagt. Auch Portugal war kurz im Gespräch für einen dringend benötigten Geldsegen aus dem Reich der Mitte. Dennoch musste das Land letztlich unter den Schutzschirm von Eurozone, EU und Internationalem Währungsfonds schlüpfen.

Spanien und - das Nicht-Euroland - Ungarn wurden ebenfalls als heiße Kandidaten für chinesische Finanzhilfe gehandelt. Gerade dort zeigt sich allerdings, dass China weniger Interesse daran hat, kurzfristig zu helfen, als langfristig und strategisch zu investieren.

Spanien und Ungarn haben mit Peking milliardenschwere Wirtschaftsabkommen geschlossen. In Spanien stehen Technologiebereiche wie Windenergie, Hubschrauberbau und Ventilherstellung im Fokus, im zentraleuropäischen Ungarn - neben dem Ausbau von Produktionsbetrieben - auch Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur.

Auch bei Italien dürfte es in erster Linie nicht um die Finanzierung des Staatshaushaltes, sondern um Investitionen in Industriebeteiligungen gehen. Dass China trotzdem einen Teil seiner Währungsreserven im Ausmaß von insgesamt 3,2 Billionen US-Dollar dazu verwendet, europäische Staatsanleihen zu kaufen, überrascht nicht. Schließlich will das Reich der Mitte seine Abhängigkeit von der Leitwährung Dollar reduzieren. Vor der Pleite hat Peking bisher jedoch noch keinen Eurostaat bewahrt.

Das hat sich auch an den Finanzmärkten herumgesprochen: Wenige Stunden nach den Berichten über die - eingangs erwähnten - Gespräche zwischen Italien und China musste der Mittelmeerstaat Anlegern für fünfjährige Anleihen so hohe Zinsen bieten wie noch nie seit Bestehen der Währungsunion. Analysten halten die bisherigen Zusagen Chinas für leere Versprechungen. Europa wird sich also selbst helfen müssen.