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China lehnt US-Dialogangebot ab

Politik

Peking sieht keinen Sinn darin, wenn sich Verteidigungsminister treffen - und droht erneut mit Eroberung Taiwans.


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Eine der größten Gefahren in außenpolitischen Konflikten ist, dass nicht mehr miteinander geredet wird. So herrscht rund um den Taiwan-Konflikt die große Sorge, dass ein vielleicht nicht einmal beabsichtigter Vorfall die Dynamik eines Krieges in Gang setzt. Das kann etwa passieren, wenn sich zwei Kampfflugzeuge begegnen und plötzlich ein Pilot überfordert ist und den anderen angreift.

Dann ist es notwendig, dass sofort alle Kanäle in Gang gesetzt werden, um den Vorfall aufzuklären und eine weitere Eskalation zu verhindern. Im Fall von Taiwan müssten dann nicht nur Taiwan und die Volksrepublik miteinander sprechen, sondern auch die USA mit China. Denn die USA behalten sich vor, Taiwan – die demokratische Insel wird von China als abtrünnige Provinz angesehen – im Ernstfall auch militärisch beizustehen.

Das gilt auch für andere Krisenherde in Asien: Beim Konflikt zwischen Nord- und Südkorea ist China der Verbündete des Nordens und die USA stehen auf der Seite des Südens. Oder auch bei den Gebietsstreitigkeiten im Südchinesischen Meer kollidiert China regelmäßig mit Staaten, mit denen die USA zumindest ein Naheverhältnis haben – etwa den Philippinen, auf denen die Vereinigten Staaten Militärstützpunkte unterhalten. Dass die USA und China die zwei Länder sind, die am stärksten hochgerüstet sind, macht die Gemengelage noch um so bedrohlicher.

Nur leider sprechen die USA und China kaum noch miteinander – zumindest auf höchster Ebene. Vor allem Peking scheint derzeit an keinem Austausch interessiert. Chinas neuer Verteidigungsminister Li Shangfu hat vorerst das Angebot ausgeschlagen, an diesem Wochenende mit US-Verteidigungsminister Lloyd Austin zusammenzutreffen. Dabei wären die beiden Politiker im selben Hotel: Im Shangri-La in Singapur treffen sich seit diesem Freitag 600 Minister, Diplomaten und Militärs aus 49 Ländern, um die sicherheitspolitische Lage zu betreffen. Die jährlich vom "International Institut for Strategic Studies" organisierte Shangri-La-Konferenz ist das wichtigste Forum zu Sicherheitspolitik in Asien, das immer wieder auch genutzt wird, um bilaterale Gespräche abzuhalten.

Die Regierung in Peking betonte, dass es zwischen den Militärs aus den USA und China einen Austausch gebe und weiterhin geben würde. In einem Dialog zwischen den beiden Ministern sieht die Volksrepublik aber momentan wenig Sinn. Auf der einen Seite würden die USA sagen, dass sie an einer Kommunikation interessiert seien. "Auf der anderen Seite ignorieren sie unsere Bedenken und schaffen künstliche Hindernisse, die das gegenseitige Vertrauen zwischen den beiden Militärs unterminieren", sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Er führte aber nicht aus, um welche Hindernisse es sich dabei handeln würde.

Offenbar Auftrag von Xi

Drew Thompson, ein Politologe an der Nationalen Universität von Singapur, meint, dass höchstwahrscheinlich Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping hinter der Absage zum Dialog stehe. Li käme demnach mit der Anweisung nach Singapur, "die USA in einem möglicht schlechten Licht dastehen zu lassen, anstatt sich mittels eines Dialoges zu engagieren und die Beziehungen zu verbessern", sagte Thompson der Nachrichtenagentur Reuters. "Das ist bedauerlich." Allerdings, räumte Thompson ein, gebe es genug Möglichkeiten bei der Konferenz für informelle Gespräche, die wohl auch genützt würden.

Kurz vor der Konferenz schlug Li jedenfalls schon Pflöcke ein, indem er eine möglich militärische Eroberung von Taiwan ansprach. China strebe eine friedliche "Wiedervereinigung" an, werde aber nicht zulassen, dass die in Taipeh regierende Fortschrittspartei die Unabhängigkeit anstrebe. Wir werden niemals versprechen, von dem Einsatz von Gewalt abzusehen", zitierten Li am Freitag chinesische Staatsmedien. "China muss vereint werden."

Damit wiederholte er zwar die offizielle chinesische Position. Dass er aber ausgerechnet vor dem Treffen in Singapur das heikle Thema Taiwan noch einmal derart offensiv ansprach, ist alles andere als Zufall. Li, der 2018 von den USA wegen Waffengeschäften mit Russland sanktioniert worden war, ist erst seit März im Amt und traf gleich im April Wladimir Putin. Mit Washington geht er nun auf Konfrontationskurs. (klh)