Zum Hauptinhalt springen

Chinas erste Sanktionen eher symbolisch

Von Victoria Frühwirth und Karl Leban

Wirtschaft

Um Taiwans Wirtschaft effektiv zu treffen, müsste China einen Importstopp für Hightech-Produkte verhängen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 2 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Rund um den Erdball sorgt die Taiwan-Krise derzeit für Schlagzeilen, wie meist bei politischen Krisen bleibt auch die Wirtschaft davon nicht unberührt. China hat bereits reagiert und Taiwan mit ersten Sanktionen belegt, um seinen Anspruch auf den Inselstaat zu demonstrieren.

So stoppte Peking die Importe von mehr als 100 taiwanesischen Lebensmittelunternehmen. In einem nächsten Schritt will China den Export von natürlichem Sand nach Taiwan, der vor allem in der Bauindustrie benötigt wird, einstellen.

Diese ersten Maßnahmen sind eher symbolisch, da sie Taiwans Wirtschaft vorerst kaum treffen. Ob China nun weitere wirtschaftliche Strafmaßnahmen verhängt, um Druck auf das 23,6 Millionen Einwohner zählende Land sowie möglicherweise auch auf westliche Firmen aufzubauen, bleibt abzuwarten.

Ein moderner Industriestaat

Klar ist freilich, dass sich China bei einer erweiterten Importblockade - zum Beispiel gegen taiwanesische Hightech-Produkte - selber schaden würde. Denn Taiwan gilt als Hochtechnologieland mit Fokus auf Halbleiterproduktion, Solartechnik und Biotechnologie, aber auch auf Nanotechnologie, neue Werkstoffe, Automatisierung, Maschinenbau sowie Elektronik- und Elektroindustrie.

Vor allem bei Halbleitern, elektronischen Mikrochips, hat Taiwan als Produzent und Lieferant eine Top-Position - weit vor China. Das Reich der Mitte ist damit in diesem Bereich von den Importen aus Taiwan in gewisser Weise ebenso abhängig wie die westliche Welt. Zumal ohne Halbleiter kaum mehr etwas im Alltag geht. Diese sind etwa in Smartphones, Computern, Autos oder medizinischen Geräten verbaut.

Gerade in Taiwan gibt es deutlich mehr Chip-Fabriken als etwa bei den Hauptkonkurrenten China, Südkorea oder USA. So hat in dem südostasiatischen Land unter anderem der weltweit drittgrößte Halbleiterhersteller Taiwan Semiconductor Manufacturing (TSMC) seinen Sitz. Der Konzern fertigt nicht nur Mikrochips für Apple, Qualcomm und AMD, auch große Autokonzerne wie Audi, Volkswagen oder Ford gehören zum Kundenstamm. Will China Taiwans Wirtschaft mit Sanktionen wirklich treffen, müsste es bei Halbleitern die eigene Abhängigkeit von dem Land ignorieren.

Indes könnte eine Eskalation des Streits zwischen China und den USA um den modernen Industriestaat Taiwan die Weltwirtschaft empfindlich treffen. Da eben bei Halbleitern vor allem taiwanesische Konzerne über große Fertigungskapazitäten verfügen, würden die globalen Lieferketten in vielen Branchen im Falle eines Krieges wohl erneut - wie nach Ausbruch der Corona-Pandemie - massiv gestört werden. Einer Studie des niederländischen Marktforschungsinstituts Trendforce zufolge liefen im vergangenen Jahr 64 Prozent der weltweiten Auftragsfertigungen von Mikrochips über taiwanesische Unternehmen.

Börsen noch unbeeindruckt

Darüber hinaus gilt die Nummer 22 der größten Wirtschaftsnationen generell als ein unentbehrliches Glied in der globalen Wertschöpfungskette von Informationstechnologie. So stammen 50 bis 90 Prozent aller weltweit verkauften Laptops, Tablets oder Flachbildschirme aus Taiwan. Das Land ist deshalb auch traditionell stark exportabhängig. China wiederum ist mit 30 Prozent der wichtigste Absatzmarkt für Taiwan, gefolgt von den USA, Japan und der EU.

Die globale Konjunktur belasten könnte im jetzigen Konflikt aber auch eine Verschärfung des Wirtschaftskrieges zwischen China und den USA. Schon bisher haben sich die zwei größten Volkswirtschaften der Welt bei etlichen Produkten mit gegenseitigen hohen Importzöllen einen Schlagabtausch geliefert.

An den Aktienmärkten hat sich die Taiwan-Krise bisher nicht bemerkbar gemacht. Der Dow-Jones-Index in New York zeigte sich am Mittwoch im Frühhandel mit einem Plus von 0,9 Prozent fester, während die Börse in Schanghai um 0,7 Prozent verlor. In Europa stieg der marktbreite Eurostoxx-Index um 0,8 Prozent.