Mugabe reagiert auf Seuche mit Realitätsverweigerung. | Druck des Westens auf Regime steigt. | Soldaten plündern in Harare. | Harare/Wien. Robert Mugabe scheint bei der Cholera-Epidemie auf seine altbekannte Strategie zurückzugreifen: Realitätsverweigerung. Während Hilfsorganisationen warnen, dass sich die Seuche immer stärker ausbreitet, konstatiert der Präsident Simbabwes in einer Fernsehanssprache, dass es keine Cholera mehr in seinem Land gebe.
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Doch hinter dieser Realitätsverweigerung steckt wohl politische Taktik. Mugabe versucht damit, internationalen Druck abzufangen. Denn die Seuche hat die Aufmerksamkeit auf Simbabwe gelenkt: So forderte etwa US-Präsident George W. Bush im Zusammenhang mit der Cholera den Rücktritt von Mugabe. Und auf Drängen westlicher Staaten wird sich kommende Woche der UN-Sicherheitsrat mit der humanitären Katastrophe und den Menschenrechtsverstößen in dem afrikanischen Land beschäftigen.
"Der Fall Cholera existiert nicht mehr", sagte nun Mugabe. Und: "Es gibt keinen Kriegsgrund mehr." In den vergangen Tagen hatte Simbabwes Führung die Verschwörungstheorie aufgestellt, dass der Westen die Cholera in das Land geschleppt hätte, um einen Grund für eine militärische Intervention zu haben.
Tatsächlich haben lediglich Südafrikas Erzbischof Desmond Tutu und Kenias Premier Raila Odinga ein militärisches Einschreiten in Simbabwe ins Spiel gebracht. Die Afrikanische Union erteilte diesem Ansinnen aber eine Absage.
Aufstand inszeniert?
Doch könnte das Militär in seiner Heimat für Mugabe zur Bedrohung werden. Passanten in Harare wollten ihren Augen kaum trauen, als vor ein paar Tagen Soldaten plündernd durch Simbabwes Hauptstadt zogen. Die Streitkräfte galten bisher als absolut loyal zu dem Regime. Nun spekulieren viele damit, dass die Führung in dem herabgewirtschafteten Land nicht einmal mehr die eigenen Streitkräfte ordentlich versorgen kann - was eine Revolte des Militärs auslösen könnte.
Der ehemalige Innenminister Dumiso Dabengwa, der später mit Mugabe brach, hat jedoch eine ganz andere Theorie: Dass der Soldatenaufstand vom Regime inszeniert wurde. Denn je unruhiger das Land wird, desto stärker werden die Argumente für Mugabe, den Ausnahmezustand auszurufen.
Dieser würde Mugabe laut Beobachtern in die Hände spielen. Seine Macht wäre wieder zementiert, die Verhandlungen mit der Opposition über eine gemeinsame Regierung wären vorerst einmal beendet.
Seit Monaten schon verhandelt Mugabes Partei Zanu-PF mit dem oppositionellen Movement for Democratic Change (MDC) über eine Machtteilung. Das MDC hatte trotz Repressionen die Parlamentswahl gewonnen, MDC-Führer Morgan Tsvangirai sollte Premier werden, Mugabe Präsident bleiben, die Ministerien aufgeteilt werden. Doch stieß Mugabe seine Gegner ständig vor den Kopf: So besetzte er eigenmächtig die Schlüsselressorts mit seinen Gefolgsleuten. Und während in den Hotellobbys die Verhandlungen liefen, wurden auf den Straßen Oppositionelle weiter willkürlich verhaftet und verfolgt.
Gespräche mit Diktator
US-Außenministerin Condoleezza Rice bezeichnete den Verlauf der Verhandlungen als Schande. Gleichzeitig betonte sie, dass es vor allem an den Nachbarstaaten Simbabwes liege, Druck auf Mugabe auszuüben. Doch diese wollen weiter rein auf Gespräche mit dem Diktator setzen. Vor allem das zurückhaltende Verhalten der politischen Führung Südafrikas, dem weitaus einflussreichsten Land in der Region, gibt Analysten Rätsel auf. Ist Südafrika doch durch hunderttausende Flüchtlinge massiv von der Simbabwe-Krise betroffen. Nun schwappt auch noch die Cholera über die Grenze. Der Vorsitzende von Südafrikas Regierungspartei ANC, Jakob Zuma, hat zwar eine härtere Politik gegenüber Mugabe angekündigt. Doch davon ist bisher wenig zu sehen.