Große Mehrheit für die Familienstaatssekretärin im Parteipräsidium. | Kritik an Demontage von Himmer. | Wien. Die Würfel sind gefallen: Erstmals in der Geschichte der Wiener ÖVP wird mit Christine Marek eine Frau zur Parteichefin. Zugleich avanciert die Familienstaatssekretärin auch zur Spitzenkandidatin für die Gemeinderatswahl im Oktober 2010. Dabei hatte Marek bis vor kurzem noch beteuert, an beiden Funktionen kein Interesse zu haben und lieber in der Bundesregierung zu verbleiben. Erst am vergangenen Freitag gab sie ihre Kandidatur offiziell bekannt. | Analyse: Kursfindung: ÖVP sucht die Richtung
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Zugleich stieß sie damit aber den bisher einzigen Kandidaten für die ÖVP-Spitze, Bundesrat Harald Himmer, im letzten Moment noch vom Thron. Denn die Parteigremien entschieden am Montag schnell - für viele zu schnell: Am Vormittag trat das Präsidium, das zur Kandidatenfindung eingesetzt worden war, zusammen und nominierte Marek mit eindeutigem Votum: In geheimer Abstimmung stimmten 13 Mitglieder für die 41-Jährige, und nur vier dagegen. Bei den Contra-Stimmen dürfte es sich um die Himmer-Unterstützer Wolfgang Ulm, Karl Homole, Manfred Juraczka und Andreas Ottenschläger handeln - die drei Letztgenannten repräsentieren die Bezirksorganisationen. Himmer selbst, Landstraßer ÖVP-Obmann und Generaldirektor von Alcatel-Österreich, war in dieser Frage nicht stimmberechtigt.
Vor der am Abend stattfindenden Sitzung des Landesparteivorstands galt die Kür Mareks nur noch als Formsache. Zumal zuvor alle nominierten Chefs der Bünde und Teilorganisationen für Marek votiert hatten, und sich auch der nach Brüssel wechselnde Noch-Obmann Johannes Hahn klar für die Staatssekretärin aussprach: "Ich bin sehr zufrieden, dass es eine klare Entscheidung gibt."
Parteitag im Jänner
Ihr innerparteilicher Konkurrent, Bundesrat Harald Himmer, hat seine Kandidatur hingegen zurückgezogen. Zuletzt hatte er gefordert, dass die Parteibasis in der Obmannfrage aktiv eingebunden werden soll und nicht bloß die Gremien entscheiden mögen: "Ich denke, dass wir ein breitere Diskussion in der ÖVP brauchen", erklärte Himmer. Auch Ulm wäre für diese Lösung: "Da spricht einiges dafür. An der Basis gibt es diesen Wunsch auch sicherlich."
Hinter den Kulissen gab es auch offen Kritik an der Art und Weise, wie Himmer öffentlich desavouiert wurde; immerhin war es Hahn selbst, der Himmer schon als seinen De-Facto-Nachfolger präsentierte, ehe Marek doch noch antrat. "Das Ganze war skandalös", meint ein Parteifunktionär. "Das war nur mittelmäßig elegant. Aber die Politik ist nicht immer die Haute Couture", ergänzt Ulm.
Seit 2002 ist Marek Vize- Bezirksparteivorsitzende in Meidling und Nationalratsabgeordnete. 2007 wechselte sie als Staatssekretärin ins Wirtschaftsministerium, ehe sie von Parteichef und Vizekanzler Josef Pröll mit den Familienagenden betraut wurde. Dort gelang es ihr - in mitunter langen Verhandlungen - das einkommensabhängige Kindergeld auf Schiene zu bringen; auch die Umsetzung des verpflichtenden Gratis-Kindergartenjahres kann sich Marek auf ihre Fahnen heften.