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Europarechtsexperten sind sich einig, dass die EU längst eine Verfassung in Form der verschiedenen Verträge besitzt. Die Arbeiten zur eigentlichen Verfassung begannen nach dem Beschluss des umstrittenen Nizza-Vertrages. Die bisherigen Stationen:
Im Dezember 2000 beschließen die Staats- und Regierungschefs in Nizza einen geänderten EU-Vertrag, der die Handlungsfähigkeit der Union nach ihrer Erweiterung erhalten soll. Da der Nizza-Vertrag großteils als unzureichend empfunden wird, einigt man sich auf eine Fortsetzung der Reformarbeit und 2004 eine neue Regierungskonferenz (eine solche ist zur Vertragsänderung notwendig, Anm.) einzuberufen.
In der im Dezember 2001 verabschiedeten "Erklärung von Laeken" (benannt nach dem Ortsteil und Königsschloss von Brüssel) wird ein Konvent aus Parlamentariern, Vertretern der Regierungen und der EU-Kommission beschlossen. Das Gremium soll Reformvorschläge unterbreiten, da das erweiterte Europa "demokratischer, bürgernäher und arbeitsfähiger" werden müsse. Die Möglichkeit einer EU-Verfassung wird nur in Frageform angesprochen.
28. Februar 2002: Feierliche Eröffnungssitzung des Konvents im Europäischen Parlament in Brüssel. Konventspräsident Valéry Giscard d'Estaing, ehemaliger französischer Staatspräsident, spricht bereits vom "Weg zu einer Verfassung der Europäischen Union". Der Ausdruck "Verfassungskonvent" bürgert sich ein.
Im Juni 2003 präsentiert Giscard d'Estaing dem EU-Gipfel in Thessaloniki den weitgehend fertigen Verfassungsentwurf, der Konvent beendet im Juli die Arbeit.
Spätestens seit der Regierungskonferenz im Oktober 2003 (eröffnet in Rom) wird immer deutlicher, dass viele EU-Regierungen nicht bereit sind, den Konventsentwurf unverändert zu übernehmen. Über manche Änderungen wird schnell Konsens erzielt, aber vor allem die Machtverteilung zwischen den EU-Institutionen und zwischen den Mitgliedstaaten erweist sich als Hürde für einen Erfolg.
Nach zweitägigen Beratungen der Außenminister bei einem Konklave in Neapel im November 2003 kann ein Scheitern des Verfassungsprojekts nicht ausgeschlossen werden.
Beim Brüsseler EU-Gipfel im Dezember 2003 scheitert schließlich die geplante Verabschiedung der Verfassung. Grund ist der Streit um die Gewichtung der Stimmen jedes Landes bei Abstimmungen im Ministerrat.