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CIA-Söldner patzen das Image der USA an

Von Engelbert Washietl

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Der Autor ist Vorsitzender der "Initiative Qualität im Journalismus"; zuvor Wirtschaftsblatt, Presse, und Salzburger Nachrichten.

Folter- und andere Gräuelberichte füllen die amerikanischen Medien. Auch wenn sie schon alt sind, beruhen sie oft auf Tatsachen - und belasten Präsident Barack Obama.


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Die Berichte über abstoßende und unmenschliche Methoden des amerikanischen Geheimdienstes CIA im Kampf gegen den Terror häufen sich. Reiche Quellen schaurigen Materials aus der Amtszeit des US-Präsidenten George W. Bush werden weiter sprudeln, neue kommen hinzu.

Derzeit geht es vor allem um Söldner, welche die CIA angeheuert habe, um schmutzige Geschäfte außerhalb des offiziellen Staatsdienstes zu erledigen, beispielsweise das Folterhandwerk oder, wie die "New York Times" berichtete, die Jagd und Tötung von Terroristen. Die Firma Blackwater kam als prominenteste dieser Spezialfirmen in die Schlagzeilen. Sie soll auch den Auftrag haben, Drohnen - unbemannte ferngesteuerte Kleinflugzeuge - mit Bomben zu beladen, die dann in den unkontrollierbaren Territorien Pakistans und Afghanistans im Kampf gegen die Al Kaida abgeworfen werden.

Nun hat sich der Auslandsgeheimdienst CIA in seiner Geschichte selten mit Ruhm bedeckt, und auch die Erfolgsbilanz ist mager - die Chronique scandaleuse reicht zurück bis zur Schweinebucht-Affäre 1961, die dem Regime Fidel Castros auf Kuba den Garaus bereiten sollte, aber das Gegenteil bewirkte. Dem Geheimdienst wird auch vorgeworfen, am Informationsmanagement zu scheitern. Dass der Iran unter Schah Reza Pahlewi dem Umsturz zutrieb, wurde der CIA viel zu spät klar, Ayatollah Khomeini war ihren Agenten kein Begriff. Was sie über den Irak vor dem Krieg nicht wussten, wurde wenig später zur Katastrophe.

Die jetzt zu Tage kommenden Affären sind teilweise strukturbedingt. Wer ist denn eigentlich Söldner? Der Pulitzerpreisträger und "New York Times"-Journalist Tim Weiner hat die Geschichte des CIA in einem dokumentarisch gut ausgestatteten Band durchforstet (seit 2008 auch auf deutsch bei S. Fischer erhältlich) und vor allem den bürokratischen Niedergang des Apparates beklagt: Kompetenzwirrwarr, mangelnde Auftragsklarheit und Geldnot führten dazu, dass sich viele Mitarbeiter wohl schon vor der Ära Bush in die Privatwirtschaft absetzten, aber ihr spezielles Know-how weiter verwendeten und der offiziellen CIA gegen gute Bezahlung anboten.

Diese seltsame Form der Auslagerung griff rasch um sich, Tim Weiner sagt dazu: "Privatwirtschaftliche Klone der CIA entwickelten sich rasch überall in den Vororten Washingtons und darüber hinaus."

Der Staat hatte den zweifelhaften Vorteil, nicht direkt in den Sumpf zu geraten, wenn die privaten Professionisten zugriffen. Jetzt muss derselbe Staat versuchen, seine Werkvertragsarbeiter wieder einzufangen. Denn wie vorauszusehen war, machten sich diese Söldner die neue Freiheit rigoros zunutze, außerdem schauten die staatlichen Auftraggeber viel zu oft weg, solange eine Aktion lief, und erst wieder hin, wenn sich der erhoffter Erfolg einstellte - oder auch nicht.

Präsident Barack Obama und sein Team werden nicht nur durch den Imageverlust belastet, den die USA mittlerweile in der ganzen Welt erlitten haben, sondern auch durch die knifflige Frage, wie viel von der Skandalgeschichte veröffentlicht und bestätigt werden soll. Zurückzuhalten ist die Flut nicht mehr, bestenfalls kann man sie in kontrollierte Kanäle lenken.

Wir werden noch viel zu lesen bekommen, auch darüber, welche europäischen Staaten zu Handlangern wurden. Immerhin wurden Terrorverdächtige auch in Europa in geheimen Spezialgefängnissen, kleinen Guantanamos gewissermaßen, gefangen gehalten und "behandelt".