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Clean Clothes statt Toxy-Style

Von Andrea Möchel

Wirtschaft

Chemie in der Bekleidung verschmutztdas Wasser weltweit.


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Wien. Haben Sie Ihre Frühjahrs-Garderobe heuer schon auf den neuesten Stand gebracht? Und sind Sie sich bewusst, dass beim Kauf neuer Textilien meist auch ein Potpourri an giftigen Chemikalien frei Haus geliefert wird? Immer mehr Konsumenten finden das gar nicht schick und machen Druck auf die Textilbranche, endlich "saubere" Kleidung zu produzieren. Mit wachsendem Erfolg.

Die Liste jener Unternehmen, die auf den Unmut der Konsumenten mittlerweile reagiert haben, liest sich wie das "Who is Who" der Modebranche: Levi’s, Nike, Adidas, Puma, H&M, Marks & Spencer, C&A, Li-Ning, Zara, Mango, Esprit, Uniqlo, Benetton, Victoria’s Secret und kürzlich auch G-Star haben sich verpflichtet, ihre Mode zu entgiften.

Auslöser der Kehrtwende ist die Detox-Kampagne von Greenpeace. Diese stellt die Textilindustrie als Verursacher globaler toxischer Wasserverschmutzung an den Pranger. "Der Erfolg der Detox-Kampagne ist vor allem auf das Engagement der vielen Kunden zurückzuführen, die ihre Lieblingsmarken aufgefordert haben, auf gefährliche Chemikalien bei der Textilproduktion zu verzichten", sagt Greenpeace-Konsumentensprecherin Claudia Sprinz.

Die Umweltorganisation hat wiederholt Kleidung prominenter Modelabels getestet und dabei einen wahren Chemiecocktail gefunden. Um Shirts und Hosen bunt zu färben oder Materialeigenschaften wie "bügelfrei", "antimikrobiell" oder Nässeschutz zu erreichen, werden diese nämlich in diversen Chemikalien gebadet. Viele der Substanzen mischen sich dabei zu einem giftigen Cocktail, der letztlich Flüsse, Seen und Trinkwasser belastet.

Giftige Garne

So stellen zum Beispiel Alkylphenole und perflourierende Chemikalien (PFC) eine immense Gefahr für Mensch und Umwelt dar. Beide Chemikaliengruppen sind als hormonell schädigend bekannt und bereits in geringem Ausmaß giftig. Da sie sich in der Umwelt nicht abbauen, gelangen sie in Atmosphäre und Ozeane und schließlich in die Nahrungskette. Geht es nach Greenpeace, soll damit bis 2020 Schluss sein. "Wenn man sich unsere Arbeit zur Ökologisierung der Elektronikbranche anschaut, so sieht man, dass es einer Übergangsphase bedarf, in der sich Unternehmen öffentlich dazu verpflichten auf die Verwendung gefährlicher Substanzen schrittweise zu verzichten", erklärt Sprinz den Zeitrahmen. Der erste Schritt sei die Offenlegung der Verwendung gefährlicher Chemikalien durch die Zulieferbetriebe. In weiterer Folge sollten die Unternehmen ihren Zulieferern vorschreiben, welche Chemikalien eingesetzt werden dürfen. Sprinz: "Greenpeace wird überprüfen, ob die Firmen ihre Versprechungen einhalten oder nur Greenwashing betreiben." Schließlich gibt es längst Alternativen zu den gefährlichen Chemikalien. "Dass es auch anders geht, zeigen die Hersteller von ökologisch verträglicher Mode, aber auch jene Textilhersteller, die in Europa produzieren, da hier die Verwendung der von uns kritisierten Substanzen verboten oder stark eingeschränkt ist."

Globale Verschmutzung

Trotzdem sind auch europäische Gewässer von der chemischen Keule in der Textilproduktion betroffen. Durch das Waschen von Kleidungsstücken, die in Asien oder Lateinamerika gefertigt wurden, wird ein signifikanter Anteil dieser Chemikalien freigesetzt und landet so auch in unseren Gewässern. Obwohl in der EU die Verwendung von Nonylphenol (NP) und Nonylphenolethoxylaten (NPE) in der Bekleidungsherstellung verboten ist, vergiften diese Chemikalien auch lokale Gewässer. Die Konsumenten werden damit zu unfreiwilligen Komplizen der Wasserverschmutzung.

Dabei könnte jeder ganz einfach zur "Entgiftung" beitragen. Sprinz: "Fakt ist, dass unsere Kleiderkästen übervoll sind und wir kaufen immer noch munter weiter." Nur die wenigsten würden sich darüber Gedanken machen, woher die Ressourcen für diese Kleiderberge stammen und was später mit den Textilien passiert. Eine gute Alternative ist der Griff zu Secondhand-Mode und die Teilnahme an Kleider-Tauschpartys. Oder man hält sich einfach an den Rat von Modequeen Vivienne Westwood: "Kauf weniger, kauf bessere Sachen und bleib dann dabei."