Washington · Das Tauziehen um ein Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Bill Clinton wegen seiner Sexaffäre geht in die entscheidende Phase, nachdem die republikanischen Mitglieder | des Rechtsausschusses des Repräsentantenhauses die Anklagepunkte für ein Amtsenthebungsverfahren · Meineid, Behinderung der Justiz und Amtsmißbrauch · formuliert hatten.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 25 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Die Strategen des Weißen Hauses haben zwei Tage lang so ziemlich das Feinste an juristischem Wissen und politischer Weisheit aufgefahren, was das Land zur Verteidigung des Präsidenten zu
bieten hat. Professoren von Harvard und Yale, ein früherer Justizminister, Staatsanwälte und schließlich der ehemalige Gouverneur von Massachusetts, ein Republikaner, haben Recht und Gesetz,
Verfassung und Geschichte bemüht, um eines herauszuarbeiten: Bill Clinton ist vielleicht ein moralischer Versager und ein Sünder, aber er hat mit der Lewinsky-Affäre nicht gegen die Pflichten seines
Amtes verstoßen. Also sollte er es behalten.
Die Hoffung gilt jenen vielleicht 20 "moderaten" Republikaner, deren Verhalten bei der Abstimmung über ein Amstenthebungsverfahren im Plenum noch als offen gilt. Sie werden das Zünglein an
der Waage sein, wenn es darum geht, ob der Name des ansonsten so erfolgreichen und populären Clinton auf ewig mit dem Makel eines förmlichen Impeachments behaftet sein wird. Der Ausgang der
Abstimmung im Plenum ist alles andere als vorhersehbar.
Hilfe erhielt der Präsident auch von so manchem Republikaner. Prominente wie der scheidende Senator Alfonse D'Amato und Populäre wie New Yorks Bürgermeister Rudolph Giuliani warnten ihre Partei
davor, das Spiel gegen Clinton und gegen die öffentliche Meinung zu weit zu treiben. Der Abgeordnete Amo Houghton teilte seiner Partei via "New York Times" mit: "Meine Stimme bekommt
Ihr nicht."
Vor dem Ausschuß mahnte der frühere republikanische Gouverneur von Massachusetts, William Weld, einen Umgang mit dem Präsidenten an, "der die Würde des Landes wahrt". Er schlug vor, Clinton lediglich
eine Rüge zu erteilen, verbunden mit einer spürbaren Geldstrafe und der Klarstellung, daß eine juristische Verfolgung möglicher Straftaten Clintons nach Ende seiner Amtszeit in zwei Jahren unbenommen
bleibt.
Der Ausschuß stimmt vermutlich heute über den Antrag der Republikaner ab. Es wird erwartet, daß nach möglichen Änderungsanträgen zumindest ein Anklagepunkt akzeptiert wird, die Falschaussage unter
Eid vor der Anklagekammer am 17. August. Billigt das Plenum den Antrag, findet der eigentliche Prozeß im Senat statt. Für eine Amtsenthebung ist eine Zweidrittelmehrheit nötig. Die Republikaner
verfügen in der Kammer aber nur über 55 von 100 Sitzen. dpa