Wenn man als wichtigste Wählerschicht um ihre Jobs besorgte Arbeiter hat, kann schon der Ruf politisch tödlich sein, freien Handel mit Niedriglohnländern zu planen. Von denen haben gerade die USA viele vor der Haustüre: Von Mexiko bis Argentinien. Da kommt es Hillary Clinton natürlich ungelegen, wenn ausgerechnet ihr Chefstratege gleichzeitig Chef einer Lobbying-Firma ist und mit der kolumbianischen Regierung an einem Freihandelsabkommen bastelt.
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Die für den Wahlkampf delikate Situation machte die Kündigung des Beraters zur politischen Notwendigkeit. Denn Clinton hat ohnedies alle Hände voll damit zu tun, sich von der Nafta zu distanzieren, einer Freihandelszone zwischen Kanada, den USA und Mexiko. Diese hatte nämlich ihr Mann, Bill Clinton, ins Leben gerufenen, als er noch Präsident war.
Die Nafta hat Gewinner und Verlierer hervorgebracht. Zu ersteren gehören unter anderen Industrielle der USA, weil sie ihre Waren in Mexiko billiger produzieren können. Dort wurden somit neue Arbeitsplätze geschaffen, die mexikanische Wirtschaft profitierte von den besseren Beziehungen zu den USA und die Menschen von der Einführung amerikanischer Standards und seien diese auch nur so symbolischer Art, wie der Supermarktkette Walmart, die mittlerweile in jeder namhaften mexikanischen Stadt eine Filiale hat. Zwar beschwert sich Mexiko noch immer darüber, dass die USA ihre Landwirtschaft subventionieren und so den Wettbewerb verzerren. Doch ist nicht anzunehmen, dass die Situation eine andere wäre, gäbe es die Nafta nicht.
Dafür konnte Mexiko seine Exporte in die USA als wichtigstem Absatzmarkt vervielfachen, was natürlich umgekehrt auf amerikanischer Seite einige Verlierer aufs Tapet bringt. Denn die Konkurrenz auf dem nationalen Markt hat schon den einen oder anderen Arbeitsplatz in den USA vernichtet. Zudem werden die Gewerkschaften in den USA nicht müde, das Lohndumping im Land infolge des Lohngefälles zu Mexiko anzuprangern.
Am Wochenende erklärte also Hillary wieder einmal auf einer Wahlveranstaltung, sie sei seit 16 Jahren erklärte Gegnerin der Nafta. Ganz so plausibel ist das allerdings auf den ersten Blick hin einmal nicht. Denn ihre Lobeshymnen auf die Freihandelszone lassen sich noch bis ins Jahr 1996 zurückverfolgen. Clinton dürfte zwar seinerzeit keine andere Wahl gehabt haben, denn als First Lady die politische Linie ihres Mannes zu propagieren. Doch scheint es fraglich, ob sie sich von den Interessensgruppen, die ihren Mann unterstützt haben und nun sie selbst unterstützen, loskoppeln und nach Gutdünken agieren kann. Seite 7
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