Zum Hauptinhalt springen

Closed-Shop-Ministerien?

Von Kurt Bayer

Gastkommentare
Kurt Bayer ist Ökonom und war Board Director in Weltbank (Washington, D.C.) und EBRD (London) sowie Gruppenleiter im Finanzministerium.

Bei der Hypo hätte sich Österreich internationaler Expertise bedienen können. Stattdessen wurde die Schrebergartenmentalität gepflegt.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Kürzlich gab es eine Strategierunde im Außenministerium über den Westbalkan, an der mit Ulrike Lunacek und Wolfgang Petritsch auch zwei Nicht-Parteimitglieder des Außenministers teilnahmen. Sehr löblich und in Österreich relativ ungewöhnlich.

Dennoch stellt sich die Frage, warum zum Beispiel der österreichische Boarddirektor bei der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) in London, der dort auch Bosnien-Herzegovina vertritt, oder einer seiner zwei Vorgänger, die alle intime Kenntnisse über die gesamte Region zur Verfügung haben, nicht zu solchen Veranstaltungen eingeladen werden. Die EBRD ist der größte Investor in der Region, hat eine Strategie für alle Länder, finanziert Investitionsprojekte und spielt somit eine wichtige Rolle bei der Stärkung der Wirtschaften und bei der Bewältigung der Krise.

Die Nicht-Wahrnehmung dieser Expertise ist natürlich kein Einzelfall. Als Board Direktor in der Weltbank (zwei Jahre) und bei der EBRD (fünf Jahre) bin ich kein einziges Mal von einem österreichischen Ministerium um meine diesbezügliche Expertise gebeten worden (trotz mehrerer Angebote meinerseits). Wozu hat Österreich diese hochrangigen Positionen inne, wenn nicht einmal bei Wirtschaftsdelegationen in die Regionen, bei offiziellen Staatsbesuchen von Ministern und Bundespräsidenten, ihre Kenntnisse gefragt sind?

Gerade in der EBRD hat der österreichische Direktor weit über den Kapitalanteil Österreichs hinaus Einfluss und Bedeutung aufgrund der starken Involvierung österreichischer Firmen und Banken in der gesamten Ex-Sowjetunion und am Balkan. Hier könnten viel Goodwill und viel Einfluss von der Regierung lukriert werden. Es ist ein trauriges Beispiel, dass etwa EBRD-Angebote zur Finanzierungshilfe von Töchtern der Hypo Alpe Adria am Balkan nach deren Verstaatlichung im Jahre 2011 vom österreichischen Eigentümer nicht einmal ignoriert wurden. Dabei hätte man sich auch der Expertise der dortigen Experten zur Bankenabwicklung bedienen können.

Es gibt in Österreichs Beamtenstaat weder eine Strategie, Österreicher in internationale Positionen zu bringen, noch, wenn es jemand trotzdem dorthin schafft, sich deren Verbindungen und Expertise zugunsten zu machen, weder solange sie dort im Sinne Österreichs tätig sind, noch nachdem sie nach Österreich zurückgekehrt sind.

Offenbar kann es sich Österreich nach Meinung der heimischen Politik leisten, international nur wenig präsent zu sein. Agiert wird primär für die heimische Kulisse. Wie kann man auf die Erfahrung von EU-Kommissaren und internationalen Funktionären und Beamten verzichten in einer Zeit, in der immer mehr Politik international ist?

Wahrscheinlich ist es so, dass Menschen, die nicht aus dem "eigenen" Ministerium kommen, von vornherein suspekt sind oder einfach ignoriert werden. Dass die internationalen Finanzinstitutionen vom Finanzminister besetzt werden, scheint sie als Auskunftspersonen für andere Ministerien zu disqualifizieren.

Schrebergartenmentalität verhindert eine stärkere internationale Präsenz Österreichs.