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Noch wird heftig darüber gestritten, wer daran schuld ist, dass Österreich mit seinem Nationalen Allokationsplan für CO 2 -Emissionszertifikate in Brüssel abgeblitzt ist. Noch ist unklar, ob die Europäische Kommission oder österreichische Beamte die Verantwortung dafür tragen, dass die heimische Industrie eine Kürzung der Verschmutzungszertifikate von rund sechs Prozent (rund 2 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Ausstoß) hinnehmen muss. Noch drohen Industriebetriebe wie der Stahlkonzern Voest damit, dem Wirtschaftsstandort Österreich den Rücken zu kehren.
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Im Interesse des Landes bleibt jedoch zu hoffen, dass die allgemeine Wut über die Europäische Kommission, die Schuldzuweisungen und Drohungen bald abflauen werden. Eine Versachlichung der Diskussion würde wohl allen Beteiligten gut tun - auch Umweltminister Josef Pröll und ÖVP-Umweltsprecher Karlheinz Kopf.
Denn der Zertifikatehandel in Europa wurde nicht eingeführt, um der Wirtschaft zu schaden. Ganz im Gegenteil: Neben dem Klimaschutz könnten die knapper werdenden CO 2 - Verschmutzungsrechte einen Anstoß zur Modernisierung der österreichischen Industrie geben.
Nur wer in die Vergangenheit verliebt ist, wird ernsthaft argumentieren, dass die CO 2 -Zertifikate Arbeitsplätze vernichten und Wirtschaftswachstum kosten. Wer hingegen in die Zukunft schaut, dem eröffnen sich die neuen Möglichkeiten, die die Verschmutzungszertifikate der Wirtschaft bringen. Die CO 2 -Zertifikate könnten der entscheidende Katalysator sein, um die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrieunternehmen entscheidend zu erhöhen. Was von manchen als Bremsklotz tituliert wird, wäre dann plötzlich ein Fitnessprogramm.
Wohl nicht ganz zufällig haben sich große Unternehmen wie der Erdölkonzern BP freiwillig ein internes CO 2 -Zertifikateprogramm verordnet, um effizienter zu werden. Denn wer Kohlendioxid einsparen muss, der spart im gleichen Atemzug auch Energie ein. Die gesamten innerbetrieblichen Abläufe werden neu bewertet, Verschwendung und Fehlsteuerungen aufgedeckt. Prozesse, die Manager und Belegschaft als gegeben angenommen haben, werden unter die Lupe genommen.
Europa könnte seine Wirtschaft von den Entwicklungsländern abgrenzen und auf ein qualitativ hochwertiges, statt auf ein rein quantitatives Wachstum setzen. Höhere Standards müssen sich hier nicht unbedingt negativ auswirken. Im Notfall bleibt den Europäern ja immer noch die Möglichkeit, die Notbremse zu ziehen. Für den Fall, dass sich der Weg als falsch herausstellt, kann der Kontinent immer noch seine Standards relativieren.
Ein Jogger, der mit Fitness-Gewichten an Armen und Beinen trainiert, wird irgendwann seine Ausdauer und Kraft steigern können. Ähnlich könnte sich ein ambitioniertes CO 2 -Programm auswirken. Seite 23