Am Dienstag um 12 Uhr startete auch an der Grazer Strombörse EXAA der Handel mit heißer Luft. Der Preis für eine Tonne Kohlendioxid (CO 2 ) erreichte 23,95 Euro und liegt somit weit über den Erwartungen der Experten.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 19 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Am ersten Handelstag ging an der EXAA alles glatt. Nichts wurde dem Zufall überlassen. Käufer und Verkäufer waren persönlich anwesend. Bei der ersten Auktion wurden 7.500 Tonnen CO 2 versteigert. Es gab nur einen Verkäufer, den Schweizer Stromproduzenten EGL. Unter den Käufern waren die Investkredit-Tochter ETECH Management Consulting, die sich als Kompetenzzentrum für Emissionshandel etablieren möchte, und der Ziegelhersteller Tondach Gleinstetten.
Bei künftigen Versteigerungen soll es jedoch weniger durchsichtig zugehen. Denn die EXAA-Vorstände Ludwig Nießen und Manfred Pinter setzen auf Anonymität. Darin sehen sie auch den Vorteil des Börsehandels, der künftig jeden Dienstag über die Bühne gehen soll, gegenüber den Geschäften, die zwischen den Unternehmen abgeschlossen werden.
Falsche Prognosen
Was beide erstaunt, ist der hohe Preis für die Emissionszertifikate. "Der Markt entwickelt sich dynamischer und volatiler als angenommen. Alle Prognosen wurden Lügen gestraft," konstatiert Nießen. Eine Prognose für die Zukunft ob auf fallende oder sinkende Kurse zu setzten sei, trauen sich beide Börsechefs nicht abzugeben. "Die Meinungen der Experten klaffen weit auseinander. Zwischen 15 und 40 Euro je Tonne ist alles möglich," so Pinter.
Seit Ende 2004 werden Verschmutzungsrechte gehandelt. Die Geschäfte wurden zwischen den Unternehmen abgewickelt. Der Startpreis lag bei 8 Euro und sackte sogar auf 7 Euro ab. Seit Februar diesen Jahres, als auch der skandinavische Marktplatz für Energie Nordpool mit dem Handel begann, geht es mit dem Preis steil bergauf. Er erreichte am Mittwoch einen Spitzenwert.
Gründe dafür sind die Hitzewelle in Europa, die Stromversorger zwingt kalorische Kraftwerke anzuwerfen, die zögerliche Zuteilung der CO 2 -Zertifikate in einigen EU-Staaten, zu wenige Marktteilnehmer sowie Spekulanten.
Preis im europäischen Trend
Der Preis für die Tonne EXAA-Kohlendioxid liegt im europäischen Trend: Am Nordpool wurden ein paar Stunden vorher 70.000 t für je 23,90 Euro gehandelt, an der Leipziger EEX wechselten nur 5.000 t um 23,85 Euro den Besitzer. Noch am Dienstag gab es die Verschmutzungsrechte an der französischen Powernext für 23,48 Euro je Tonne und 27.000 t fanden einen Abnehmer.
In Österreich wurden 125 energieintensive Unternehmen für ihre 240 Anlagen mit Gratis-Emissionszertifikaten für 32,7 Mio t CO 2 versorgt. Der größte Betrieb ist der Stahlerzeuger Voest, der allein über ein Drittel der Zuteilung verfügt. Die EXAA-Vorstände schmerzt es deshalb, dass sie die Voest trotz mehrfach bekundeten Interesses noch nicht als Marktteilnehmer gewinnen konnten. Nießen und Pinter gehend davon aus, dass im besten Fall pro Jahr 300.000 t über die Börse gehandelt werden.
Nur acht EXAA-Teilnehmer
Derzeit gibt es erst acht Handelswillige: aus der Energiewirtschaft die Stromhandelstochter der EnergieAllianz e&t, die steirische Steweag-Steg, die Tiroler Tiwag und den Verbund sowie die Schweizer EGL; aus der Industrie den Baustoffproduzent Tondach Gleinstetten und den Tiroler Schmuckhersteller Swarovski. Hinzu kommt der Zertifikatehändler ETECH. Bis Anfang 2006 hofft Nießen auf 30 Player.
Energiehändler, die schon stark ins CO 2 -Geschäft eingestiegen sind, meinen, dass sich der Marktplatz auch erst ab der magischen Grenze von 30 Teilnehmern rechnet. Derzeit gibt es sechs europäische Strombörsen, doch Experten schätzen, dass nur zwei - die günstigsten - übrig bleiben: Heiße Luft sei nämlich im Gegensatz zu Strom überall gleich gut handelbar.