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Was bleibt von den diesjährigen Wiener Festwochen? Es sind weniger die Stars (Cate Blanchett eierte durch ein 30 Jahre altes Stück von Botho Strauß) und auch die renommierten Festival-Altmeister hinterließen nicht unbedingt einen nachhaltigen Eindruck - Simon McBurney und Ariane Mnochkine gastierten zwar mit technisch perfekten, hochartifiziellen, aber auch ziemlich erwartbaren und wenig risikofreudigen Arbeiten. Luc Bondys Uraufführung von Peter Handkes luftig-schwerem Dialogstück "Die schönen Tage von Aranjuez" war nicht die Theatersensation, die man sich vielleicht erhofft hatte. Auch Ulrich Seidls Wiener Theaterdebüt "Böse Buben" erfüllte nicht ganz die Erwartungen.
Was stattdessen vom Schauspielprogramm dieser Festwochen bleiben dürfte, ist die Wiederentdeckung des politischen Theaters. Neue Artikulationsformen des Politischen zeigten sich in Aufführungen, die von weit hergeholt wurden (Lateinamerika, Afrika, Australien), genauso wie in Arbeiten, die aus europäischen Krisennationen kamen - wie Ungarn (Arpad Schillings Inszenierung mit Jugendlichen aus Siebenbürgen) oder Griechenland (Rimini Protokolls Arbeit mit Athener Bürgern). Auch das postmigrantische Theater und die Frage der Integration wurde in erstaunlicher Vielfalt - vom Straßentheater bis zur Gastarbeiteroper - präsentiert. All diese Arbeiten vermittelten die Dringlichkeit der Künstler zur gesellschaftspolitischen Auseinandersetzung mit einer Zeit, die aus den Fugen geraten scheint. Die Krise als Chance für die Kunst?